Verhandlungsoffensive rückt Österreich in das Schlaglicht
Treffen mit Klitschko-Brüdern und mit Erdog˘ an: Kanzler Nehammer nutzt Nato-Gipfel für Dialoge zur Ukraine.
Die großen Erfolge hatte der Nato-Gipfel schon am ersten Tag eingefahren: Schweden und Finnland können beitreten, die transatlantische Allianz präsentierte neue Einigkeit und Stärke. Dass die Nato nun auch noch umweltfreundlicher werden will und sich gestern auch noch dem Kampf gegen Terror und Cyberattacken sowie der Sorge um Nahrungsmittel und Afrika verschrieb, setzt der eindrucksvollen Wandlung noch eins drauf.
Der Gipfel in Madrid ermöglichte aber auch Öster- reichs Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) einen außenpolitischen Erfolg. Österreich nehme gemeinsam mit den anderen neutralen EU-Ländern Zypern, Malta und Irland eine wichtige Rolle ein, so Nehammer. Am Rande des „Euroatlantischen Abendessens“im Kreis aller Staatsund Regierungschefs im Prado traf Nehammer zunächst mit dem Kiewer Bürgermeister Vitali und dessen Bruder Wladimir Klitschko zusammen, dabei ging es um konkrete Hilfslieferungen, etwa Löschund
Rettungsfahrzeuge. Spät am Abend dann das Treffen mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdog˘an, weiterer Beweis des Tauwetters zwischen Österreich und der Türkei. Gemeinsam habe man Möglichkeiten erörtert, „grüne Korridore“einzurichten, um das in den ukrainischen Schwarzmeerhäfen blockierte Getreide außer Landes zu bringen. Nehammer will sich dabei am „Istanbuler Friedensprozess“orientieren, der sowohl in Kiew als auch in Moskau immer noch Erwähnung finde. Dabei geht es unter anderem um Sicherheitsgarantien, für die die Türkei Sorge tragen könnte. Nehammer, der von Erdog˘an auf einen Besuch eingeladen wurde, erneuerte in Madrid vor Journalisten seine ablehnende Haltung gegenüber einem Nato-Beitritt. Es gebe bereits eine neue, verstärkte Zusammenarbeit neutraler oder bündnisfreier Staaten mit der Nato, denn für ihn stelle eine Mitgliedschaft keine „Variante des Denkens“dar.
Andreas Lieb, Madrid