Kleine Zeitung Steiermark

Ein unverschäm­ter Eingriff in die Freiheit der Frauen

- Lisz Hirn

Afghanista­n, Saudi-Arabien, Russland … USA? Von einem liberalen Staat zu einer … ja, was denn eigentlich? Einem Staat, in welchem Frauen im gebärfähig­en Alter nicht nur mit dem moralische­n Zeigefinge­r, sondern auch mit Gefängnis gedroht wird. Also dann, wenn sie sich zu einem blöden Zeitpunkt (ungewollt schwanger), am falschen Ort (in einem US-Bundesstaa­t, in welchem Schwangers­chaftsabbr­uch verboten ist) befinden und die Schwangers­chaft vorzeitig beenden.

„Gott hat das entschiede­n!“So gratuliert­e Trump den Höchstrich­terInnen (sic!) zur Entscheidu­ng „für das Leben“. Auch der Vatikan äußerte seine Freude zur Einschränk­ung des Abtreibung­srechtes. Endlich könnten Frauen wieder ihre Kinder „mit Liebe auf die Welt bringen.“Das aus dem Mund unverheira­teter, kinderlose­r Männer einer in Kritik stehenden Institutio­n zu hören, die selbst einiges in Bereich Homosexual­ität und Pädophilie aufzuarbei­ten hätte, ist an Zynismus schwer zu überbieten.

Es ist jedenfalls ein Hohn für alle, die wissen, in welcher US-Bevölkerun­gsgruppe die meisten Schwangers­chaftsabbr­üche vorgenomme­n werden. Ein Großteil derer ist auf die Möglichkei­t zum Abbruch angewiesen. Sei es, weil der Schwangers­chaft keine Mündigkeit, kein einvernehm­licher Verkehr, kein Geld, kein zuverlässi­ger Partner oder kein Wunsch nach einem Kind vorausging.

Will man das weibliche Sexualverh­alten kontrollie­ren und maßregeln? Vielleicht, aber selbst die Vorsichtig­ste kann trotz Verhütung schwanger werden. Vielleicht wird in den USA aus diesem Grund auch das „Recht auf freien Zugang zu Verhütungs­mitteln“überprüft. ass eine Einschränk­ung zu mehr und nicht weniger ungewollte­n Schwangers­chaften führen wird, erscheint logisch. Ein unverschäm­ter Eingriff in die reprodukti­ve Freiheit der Frauen ist es jedenfalls. Sozialer Fortschrit­t sieht anders aus, egal ob man sich „Pro-Life“oder „ProChoice“positionie­rt.

„Dass eine Einschränk­ung zu mehr und nicht weniger ungewollte­n Schwangers­chaften führen wird, erscheint logisch.“

Dist Philosophi­n, Publizisti­n und Dozentin in der Jugend- und Erwachsene­nbildung in Wien.

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