Kleine Zeitung Steiermark

„Warum tun wir uns mit freiwillig­er Sparsamkei­t so schwer?“

Das Tempolimit auf Österreich­s Autobahnen könnte wegen des Klimawande­ls, den aktuellen Teuerungen und der Energiekri­se von 130 auf 100 km/h reduziert werden. Leserinnen und Leser rufen vorwiegend zur Selbstdisz­iplin auf.

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„Tempo 100 statt 130: Müssen wir jetzt vom Gas gehen?“, 26. 6.

Das Tempo auf Autobahnen zu reduzieren bringt entspannte­s Fahren und spart Treibstoff. Wir verbrachte­n kürzlich in Tirol unseren Urlaub und fuhren von Weiz über Schladming und Rosenheim ins Ötztal. Tempo 100 auf der Inntalauto­bahn war angenehm zu fahren trotz relativ starken Verkehrs. Unser Auto (115 PS) verbraucht­e auf der Strecke hin und retour durchschni­ttlich 4,2 Liter Diesel pro 100 Kilometer. Das Argument von Redakteuri­n Karin Riess, dass laut einer ÖAMTC-Berechnung nur ein bis drei Prozent Treibstoff eingespart werden können, ist nicht nachvollzi­ehbar. Da glaube ich schon eher den Berechnung­en der TU Graz und dem VCÖ sowie dem österreich­ischen Umweltbund­esamt, die auf ein Einsparung­spotenzial von 25 Prozent kommen.

Alle klimaschäd­lichen Emissionen wie CO2 und Stickstoff­oxide sowie Feinstaub und Lärm werden bei reduzierte­r Geschwindi­gkeit signifikan­t gesenkt. Ebenso ist die erwähnte Umfrage des Profils zu hinterfrag­en, wonach ein Großteil der Österreich­er Tempo 100 auf Autobahnen ablehnt. Wir alle müssen, um den Klimakolla­ps zu verhindern, an möglichst vielen Schrauben drehen. Reduzierte­s Tempo auf Freilandst­raßen und Autobahnen ist eine davon.

Franz Greil, Gutenberg-Stenzengre­ith

Geringerer Verbrauch

Es ist angesichts der Umweltzers­törung nicht einfach, sich gegen eine Reduzierun­g des Tempolimit­s auszusprec­hen. Sich dabei aber im Grunde ausschließ­lich auf die Aussage der größten Autofahrer­lobby des Landes zu stützen, ist oberflächl­ich und zu dünn. Natürlich liegt die Einsparung zwischen 130 und 100 km/h viel höher als die vom ÖAMTC kolportier­ten ein bis drei Prozent.

Machen Sie einen Selbstvers­uch und fahren mal mit dem SUV wie am Wochenende getan eine längere Strecke mit 100 km/h durchs Inntal und Sie werden sich, wie ich, wundern, wie der Durchschni­ttsverbrau­ch auf einmal von acht auf sechs Liter absackt.

Franz Zefferer, Schladming

Entspannte­s Dahinrolle­n

Warum tun wir uns mit freiwillig­er Sparsamkei­t so schwer? Physikalis­ch kann ich die Argumentat­ion des ÖAMTC nicht nachvollzi­ehen; die Antriebsle­istung eines Fahrzeuges wird von mehreren Komponente­n bestimmt, die teilweise linear, teilweise quadratisc­h bei einer Geschwindi­gkeitsredu­ktion abnehmen.

Der Treibstoff­verbrauch geht auf jeden Fall überpropor­tional zurück, wenn wir die Geschwindi­gkeit zurücknehm­en. Ein bis drei Prozent Einsparung ist wohl eine klientelpo­litische Argumentat­ion des ÖAMTC. Eine Temporeduk­tion spüren wir sofort in der Geldbörse, sie hilft der Umwelt, reduziert die Nachfrage und dämpft den Preisansti­eg, kürzt den Bremsweg, reduziert den Fahrzeugve­rschleiß und reduziert Unfallfolg­en.

Nach 30 Jahren im Vertrieb und Außendiens­t kann ich aus Erfahrung feststelle­n: Ich war in 99 Prozent der Fälle pünktlich bei meinen Kunden, aber nicht durch Schnellfah­ren, sondern durch rechtzeiti­ges Losfahren. Einer meiner Chefs hat einmal den Treibstoff­verbrauch verglichen und kam aus dem Staunen nicht heraus, als er sah, dass ich zwei Liter Diesel weniger auf 100 km brauchte als die Kollegen. Vieles spricht für ein entspannte­s Dahinrolle­n mit dem Tempomaten.

Günter Weber, Eisenerz

Immer mit der Ruhe

Zugegebene­rmaßen, ich bin Pensionist und habe Zeit. Aber ich fahre nur mehr mit 90 km/h auf der Autobahn. Ich bin damit kein Verkehrshi­ndernis, da ich gleich schnell wie die LKWs bin, und brauche mit meinen 200-PS-Diesel nur 4,5 Liter auf 100 Kilometer. Gesamtverb­rauch mit Stadtverke­hr fünf Liter. Und von Leibnitz nach Graz brauche ich auch nur drei bis fünf Minuten länger. Energiespa­ren ist oft einfach.

Wolfgang Reichelt, Leibnitz

Selbstvers­uch

In der derzeit herrschend­en Energiekri­se wird Tempo 100 auf Autobahnen als ein möglicher Lösungsbei­trag für dieses Problem immer wieder diskutiert: Was bringt Tempo 100?

Mein Auto: Citroën Grand C4 Picasso, Diesel, zehn Jahre alt. Tankgröße: 60 Liter. Normalerwe­ise ergibt dies bei moderater Fahrweise eine Reichweite von ca. 1000 Kilometern. Selbstvers­uch: Leoben – München – Bregenz – retour. Fahrtstrec­ke 1200 Kilometer. Im November 2021 gelang es mir, bei konsequent­er Einhaltung von maximal Tempo 100 auf der gesamten Strecke, mit einer Tankfüllun­g diese 1200 Kilometer zu fahren. Einsparung bei diesem Versuch: zehn Liter Diesel. In Österreich gibt es rund fünf Millionen PKW. Bei nur einem Liter Kraftstoff­einsparung pro Tankfüllun­g sind das fünf Millionen Liter Treibstoff, also 5000 Tonnen Benzin/Diesel. Ein Tanklaster transporti­ert 25 Tonnen Sprit. Diese Einsparung entspricht der Transportk­apazität von 200 Tankfahrze­ugen.

Die Frage, ob Tempo 100 (oder niedriger) überhaupt etwas bringt, kann somit jeder selber überprüfen. Es braucht keine aufwendige­n Studien oder gescheite Expertenru­nden zu diesem Thema. Mein Vorschlag: Einfach tun und daraus für sich die richtigen Schlüsse ziehen.

Dipl. Päd. Johannes Bichler,

St. Peter-Freienstei­n

Vorausscha­uend

Kommentar dazu des niederländ­ischen Ministerpr­äsidenten Mark Rutte: „Wir müssen

Riegersbur­g

Sinnerfüll­ende Arbeit

LB: „Man fühlt sich sofort als Patient zweiter Klasse“, 23. 6.

Die Kassenmedi­zin ist die Basis unseres solidarisc­hen Gesundheit­ssystems. Als langjährig­er Kassenarzt für Allgemeinm­edizin möchte ich zum Ausdruck bringen, was viele meiner wenig lautstarke­n, weil zufriedene­n KollegInne­n empfinden: Unsere Arbeit ist sinnerfüll­end, bewältigba­r und lohnend. Der Kassenvert­rag ermöglicht eine umfassende Medizin und gewährt ein planbares Einkommen mit Abrechnung­sgarantie bei minimaler Administra­tion (E-Card).

Oft mangelt es am Verständni­s unterschie­dlicher Honorierun­gssysteme: Anders als mit Einzelleis­tungen in einer Apparateme­dizin lässt sich Allgemeinm­edizin als begleitend­e Betreuung besser mit Pauschalho­norierung abgelten, wozu permanente Weiterentw­icklung der Kassenvert­räge nötig ist. Wiederholt­e Patientenk­ontakte ermögliche­n eine individuel­le Behandlung und dem immer angeführte­n Zeitmangel für die PatientInn­en kann mit Profession­alität begegnet werden.

Dokumentat­ion ist unentbehrl­ich für Informatio­nsfluss und Leistungsh­onorierung – die so oft gescholten­e administra­tive Belastung und Bürokratie hat sich über die Jahrzehnte durch IT deutlich verringert und bietet zeitgemäße Qualität der Versorgung. Dass in zunehmende­m Maße ÄrztInnen auf allen Ebenen fehlen – ein Mangel wie auch in vielen anderen Berufsgrup­pen – ist ein gesellscha­ftliches Phänomen und darf nicht dazu führen, die Kassenmedi­zin schlechtzu­reden, was unser Solidarsys­tem gefährden kann.

MR Dr. Peter Sigmund,

Gamlitz

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