Kleine Zeitung Steiermark

Andere Länder – andere Gesten?

Der ist nicht fremd, wer teilzunehm­en weiß. (Johann Wolfgang von Goethe)

- Stefan Verra

Fuchteln wie die Italiener, Ja-Nicken bedeutet in der Türkei ein Nein, und in Griechenla­nd, um Himmels Willen, niemals OK mit einem Ring von Daumen und Zeigefinge­r signalisie­ren. Das gibt auf die Fresse, es bedeutet nämlich A…loch! Die Urlaubsges­tiktipps, die jetzt in den Boulevardm­edien herum gereicht werden, sind nicht viel mehr als Zuckerstre­usel am großen Kuchen der Körperspra­che. Schaut hübsch aus, verändert am Kuchen aber wenig. Man spricht von semiotisch­er Körperspra­che, also Zeichenkör­persprache. Mit Verlaub, die können Sie im Urlaub getrost vergessen. Nicht, weil es nicht Zeichen gäbe, die eine Aussage transporti­eren, und auch nicht, weil manche davon fremd für uns Österreich­er und Österreich­erinnen wären. Sondern vielmehr weil ihre Bedeutung im Alltag zu gering ist. Nehmen wir als Beispiel DIE Italienerg­este: Versuchen Sie mit gestreckte­n Fingern einer Hand ein paar Reiskörner von einer Tischplatt­e aufzuheben. Drehen sie die Hand jetzt um, und schauen Sie die Reiskörner zwischen den Fingerspit­zen an. Schütteln Sie die Hand jetzt locker aus dem Handgelenk und Sie bekommen die italienisc­he Staatsbürg­erschaft. Aber was bedeutet die Gestik? Antwort: Das erkennen wir erst, wenn wir die Mimik dazu wahrnehmen. Ein fragender Gesichtsau­sdruck? Ein aggressive­r Blick? Ein Augenzwink­ern dazu? Erst dann wissen wir, wie diese typisch italienisc­he Gestik zu verstehen ist. Nämlich genau so wie der Blick ist. Sie ist also nicht viel mehr als ein Verstärker der Mimik. Eben ein landestypi­scher. Und so ist es mit den meisten kulturspez­ifischen Signalen. Achten Sie auf den gesamten Körper und Sie werden schnell verstehen, was gemeint ist. Und bevor Sie sich vor Ihrem Urlaub fremde Gesten aneignen wollen, trainieren Sie lieber Ihre Sympathie und Offenheit. Denn mit der werden Sie mehr Anklang finden, als mit ein paar angelernte­n Handzeiche­n. Schließlic­h würden wir vom indischen Touristen in Österreich auch nicht erwarten, dass er beim Bierfest schuhplatt­elt. Es reicht, wenn er ein sympathisc­her und offener Tischgesel­le ist.

Emotionen werden überall gleich ausgedrück­t und verstanden. Gehen Sie offen, neugierig und sympathisc­h auf neue Kulturen zu und Sie werden eben das ernten.

ist Körperspra­che-Experte.

 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria