Verheißungen aus Schweiß und Tränen
Bilderbuch in Graz: Nie zuvor hatte Österreichs Popmusik mehr Sex und Glamour.
Österreich ist das Land, wo Popmusik meist zur Satire und amüsanten Zustandsbeschreibung der Mentalität taugte. Schwarzen Humor und Sarkasmus gab’s obendrauf. Eh super, aber es geht auch anders. Bilderbuch, das ist Pop als Versprechen, als Verheißung von Sex und Glamour und einem anderen Leben. HypophysenRock, der sich mit Körperflüssigkeiten und Hormonen beschäftigt, ohne die Realität aus Beziehungsstress, dauerklinHandys und tränenschwerer Sprachlosigkeit ganz zu verleugnen.
In Graz zeigte die Band, dass die Liebesgeschichte mit dieser Stadt die Kasematten als Medium braucht. Nach dem viel schwächeren letzten Konzert auf der Grazer Messe war das wieder top: Maurice Ernst gibt den textilbefreiten Iggy Pop von Österreich, und die um zwei Gastmusiker (Lukas König sitzt am zweiten Schlagzeug) erweiterte Band spielt in einer eigenen Liga: Ein dichter, fetter Sound hüllte den Ort ein. Keine Spur von einem Zwischentief oder einer veritablen Krise, die der Band nach dem Erscheinen des Albums „Gelb ist das Feld“attestiert worden ist. Songs wie „Schwarzes Karma“funktionieren live ganz wunderbar.
Man kann es sich leisten, auf einige der stärksten Nummern des Backkatalogs zu verzichten, wobei „Spliff“, „Willkommen im Dschungel“, „Bungalow“, „Baba“und natürlich das vergelnden sexte „Maschin“nicht fehlen durften: Der Schweiß, den diese Musik imaginiert, rührt nicht nur vom Tanzen her. Auf Michael Krammers Gitarrenriffs ist dabei ebenso Verlass wie auf Maurice Ernsts Showmanship.
Nach einem knackigen, wirklich keine Minute zu langem Set (eine Seltenheit) und zwei Zugaben war der Spaß schon wieder vorbei. Außer für die, die heute Karten für das dritte und ebenso ausverkaufte Konzert haben.