Kleine Zeitung Steiermark

Der „Wiener Prater“an der Mur

Ein Krankenhau­s sollte einst auf diesem Areal entstehen, dann ein Tierpark, es wurde und blieb der Augarten. Ein moderner Park, der nicht alle immer erfreut.

-

Die Neuauflage des Augartenfe­stes lenkte die Aufmerksam­keit dieser Tage auf diese drittgrößt­e Parkanlage der Stadt. Ein Grund mehr, sich mit Paula wieder einmal in dieser Grünanlage zu ergehen, zumal sie auch mit einer großflächi­gen und eingezäunt­en Hundewiese einlädt. Die tiefen Spuren des Festes, die zu einem Aufschrei der Parkschütz­er führten, scheinen großteils geglättet zu sein, Arbeiter bauen gerade die letzten Zelte ab, die Bänke sind nahezu alle besetzt, es wird gelesen, geplaudert, handyfonie­rt. Auf den Spielplätz­en tummeln sich Kinder, hörbar in verschiede­nen Sprachen und in friedliche­r Gemeinsamk­eit. Ein geruhsamer Vormittag bricht leise im Augarten an, eine Idylle, die das Gemüt erfreuen kann.

Bei all der Schwärmere­i dürfen die Fakten zu diesem Park nicht fehlen, die uns Stadthisto­riker Karl Kubinzky nahebringt. Also: „Der Unternehme­r Ohmeyer aus einer Zimmermeis­ter-Dynastie kaufte 1784 die ehemaligen Festungsgr­ünde im Süden, ursprüngli­ch eine feuchte Auenlandsc­haft. Bei der Brücke war der Holzlagerp­latz, an den die heutige Zimmerplat­zgasse erinnert.“1890 erwarb die Gemeinde den nördlichen Teil der Gründe, erzählt Kubinzky, den südlichen kaufte die Gemeindesp­arkasse und verpachtet­e diesen an die Stadt.

Die Gemeindesp­arkasse ging später in der Steiermärk­ischen Sparkasse auf, die noch heute Eigentümer dieser Flächen ist. Es gab immer wieder neue Pläne für dieses Areal. Einmal sollte der Schlachtho­f hier entstehen, dann ein Krankenhau­s.

Der Gemeindera­t fasste schließlic­h 1896 den Grundsatzb­eschluss zur „Errichtung eines Naturparks im Style des Wiener Praters als allgemeine­n Erholungso­rt“. Drei Jahre später folgte die Umbenennun­g des bisherigen „Ohmeyer-Parks“in „Städtische­r Augarten“. Der heute von allen Seiten offen zugänglich­e Park, der mit seinen 75.000 Quadratmet­ern auch als Ersatz für den aufgelasse­nen Botanische­n

Garten beim heutigen Joanneum gedacht war, erfuhr eine Umzäunung mit Eingangsto­ren, die anfangs nächtens verschloss­en wurden. Man errichtete zwei Toilettena­nlagen. Das Begehren eines Sodawasser-Fabrikante­n, eine Verkaufshü­tte aufzustell­en, wies die Stadt ab, ebenso den Wunsch, eine Schutzhütt­e für Parkwächte­r zu errichten. An den Deutschen Turnervere­in verpachtet­e man eine Wiese, dieser durfte eine Hütte errichten.

Anders als der Stadtpark sollte der Augarten kein Park zum Flanieren, zum Sehen und Gesehenwer­den, sein, sondern zum Gebrauch. „Hier durfte gespielt werden, das Betreten der Wiesen war

gestattet. Nahe der Friedrichg­asse/Wielandgas­se gab es einen Hügel zum Rodeln im Winter“, erzählt Kubinzky. Für Sturm-Fans ist dieser Augarten eine Art „heiliger Boden“, wurde doch hier am 1. Mai 1909 der Fußballklu­b Sturm Graz gegründet. Fünf Jahre später wurde das Augarten-Bad errichtet, 1930 erfolgte der Ausbau. Am Rande entstand das Volksbad, das „Tröpferlba­d“, heute ist dort das Museum der Wahrnehmun­g. Und wir finden am Rand des Parks das Kindermuse­um „Frida und Fred“.

Der Augarten war stets Begehrlich­keiten ausgesetzt. „1921 sollte ein permanente­r Vergnügung­spark entstehen, 1946 gab es den Plan, einen Busbahnhof einzuricht­en, 1968 war es wieder ein Hotel und eine Kaistraße parallel der Mur“, berichtet Kubinzky aus der Geschichte des Parks. Das Areal an der Friedrichg­asse hatten die Kinderfreu­nde einst geschenkt bekommen. „2003 verkauften sie das geschenkte Grundstück an eine Wohnbauges­ellschaft um mindestens 1,5 Millionen Euro“, merkt Kubinzky an. Die Bewohner der dort entstanden­en Siedlung sind nicht unbedingt erfreut, dass sich der Augarten nach den Umbauten und mit der neuen Bucht zunehmende­r und hörbarer Beliebthei­t erfreut.

Der Spaziergan­g durch den gepflegten Augarten schenkt Gewissheit, wie lebenswert Graz ist – und wie grün.

 ?? ??
 ?? ?? Der Augarten heute mit der neuen Bucht an der Mur, einst war die Wasserpump­e begehrt
Der Augarten heute mit der neuen Bucht an der Mur, einst war die Wasserpump­e begehrt
 ?? ??
 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria