Obelixsprung
Mit den Temperaturen steigt die Sehnsucht nach Abkühlung in richtig kaltem Wasser. Wenn man nur wüsste, wohin mit sich.
Bei dieser Hitze dreht sich vieles um. „Nie gehe ich so gern arbeiten wie derzeit“, sagt Käti, die in einer Dachgeschoßwohnung lebt, aber ein klimatisiertes Büro hat, „wenn das so weitergeht, nehm ich mir demnächst die Nachtkastllampe von daheim mit und schlaf unterm Schreibtisch.“
Ich dagegen schaue in einen hitzeflirrenden Garten voller japsender Spatzen und denke voll Sehnsucht an das Frühjahr, als ich das erste Mal auf dem Fahrrad ins Büro fuhr.
Es war Anfang März und trotz Sonne entsprechend frisch, als ich bei Überquerung des Flusses zwei junge Männer sah, die, von einem überwinternden Schwan irritiert beäugt, mit kräftigen Armzügen flussaufwärts schwammen. Mit Badehosen, Schwimmhauben und Schwimmbrillen waren die beiden für die Saison eine Spur zu leicht bekleidet, fand ich, und als sie aus dem Wasser stiegen, schien ihre Haut mir recht zu geben: Die hatte die Farbe frisch geernteter Radieschen. Trotzdem beneidete die beiden. Für ihre Verwegenheit, und auch um ihr Vergnügen. Schwimmen im kalten Wasser ist super, behaupte ich als eine, die schon
auf den Hebriden und in Island das Meer ausprobiert hat – in Island allerdings im Zuge eines Impulshupfers aus dem und retour in den beheizten Whirlpool, und mir wird seither versichert, meine Rückkehr ins Warme sei per Obelixsprung erfolgt, mit nachher keinem Wasser mehr im Becken. Ich kann mich nur erinnern, dass ich es eilig hatte, der Fjord war wirklich sehr kalt. üngst las ich übrigens, dass die Zahl der Eisschwimmer steigt. Den Leuten geht es offenbar um Abhärtung und Endorphinrausch, und möglicherweise um mehr: Forscher an Englands Südküste untersuchen derzeit die Wirkung von kaltem Wasser, weil einiges darauf hindeutet, dass es das Risiko depressiver Verstimmungen senkt und insgesamt das seelische Wohlbefinden stärkt.
JEs gibt also viele Gründe, kaltes Wasser zu lieben. Richtig gut gelingt mir das allerdings nur, wenn es im Trockenen heiß ist. Dann aber umso dringender. Leider ist diese Kombination halt selten anzutreffen, gerade in Wetterphasen, in denen innerhalb kürzester Zeit nicht nur stehende, sondern auch fließende Gewässer die Temperaturstufe seichwarm erreichen. eichwarm ist ein Wort, das man schreiben darf, es steht im Wörterbuch. Ich fand es interessanterweise in einem Nachschlagewerk über Berndeutsch, dabei dachte ich immer, das sei eine rein österreichische Vokabel.
Recherchen zeigen jedoch, dass der Begriff auch im Alemannischen, Badischen, Bayerischen, Pfälzischen, Saarländischen, Schwäbischen, Sächsischen und eben Schweizerdeutschen verbreitet ist – dort übrigens in besonders lieblicher Verknüpfung, etwa im von den Lexikografen zur Illustration der Wortbedeutung gewählten Ausdruck „seichwarmes Bergseeli“.
Letztlich ist das allerdings ein schwerer Schlag: Wenn jetzt sogar schon damit zu rechnen ist, dass die Schweizer Bergseeli seichwarm sind, wo soll ich dann in diesem Sommer Abkühlung finden?
S
3. Juli 1863:
In der Entscheidungsschlacht bei Königgrätz besiegt die preußische Armee die des österreichischen Kaiserreiches. 4. Juli 1945:
In London wird das Abkommen über die Alliierte Kontrolle im besetzten Österreich durch vier Besatzungszonen unterzeichnet. 8. Juli 1709:
Der Sieg der russischen Armee unter
Peter dem Großen gegen die Schweden bei Poltawa wendet den Nordischen Krieg.
9. Juli 1762:
Katharina II. wird nach einem Putsch der Garde alleinige Zarin Russlands. Ihr Gemahl, Zar Peter III., wird von dem Putsch überrascht. 10. Juli 1940:
Mit Angriffen von Nazi-Deutschlands Luftwaffe auf Konvois im Ärmelkanal setzt die Luftschlacht um England ein.