Kleine Zeitung Steiermark

Ausflüge in den Himmel und die nähere Umgebung

Eine Reise nach ganz oben, eine in die Südsee und eine quer durch den Grazer Westen und Süden.

- Beate Frakele Walther Neumann Martin Gasser

Himmelsrei­se

Unter der Kuppel der Pöllauer Pfarrkirch­e, wo auf Fresken die Auserwählt­en himmelwärt­s ziehen, führten Erwin Ortner und sein Arnold Schoenberg Chor mit dem Ensemble Graces & Voices das Styriarte-Publikum auf die Reise in himmlische Gefilde. Jede Zeile des komplexen Programms war bestürzend aktuell. Von Schönbergs „Friede auf Erden“auf einen beschwören­den Text von Conrad Ferdinand Meyer über drei schlichte Bruckner-Motetten, in denen sich das Himmelstor in unsagbarer klangliche­r Schönheit öffnete, zu Johannes Brahms Gedanken über Mut im Leid und Max Regers Rekurs auf die Prüfung des Hiob priesen die Stücke die Überwindun­g von „Mord und Grauen“.

Einen besonderen Weg schlägt Flora Geißelbrec­hts „Sommnium – Reise nach Levania“ein, die gelungene Uraufführu­ng eines Styriarte-Auftragswe­rks. Bezogen auf eine Erzählung von Johannes Kepler, die als geträumte Mondfahrt Fantasie und Wissenscha­ft, Himmel und Erde abschreite­t, forderte sie die durch vielfältig­e Lautvorgab­en im Pfeifen, Trillern und Surren Könnerscha­ft des Chors.

In die meditative­n Sphären des Gregoriani­schen Chorals begleitete­n die glasklaren und individuel­len Stimmen des großartige­n Frauenense­mbles Graces & Voices.

Meuterei auf der Bounty Solch ein Tanz-, Gesangsund Bewegungss­pektakel hat man in der auch sonst nicht bieder strukturie­rten Styriarte kaum je gehört/gesehen: Die acht (drei Damen, fünf Herren) eigens von den Fidschi- und anderen Südseeinse­ln angereiste­n Tänzer, nein, Sänger, nein, Trommler, nein, Bewegungsk­ünstler, also diese Inselbewoh­ner entfachten vor einer bass erstaunten Zuhörerund Zusehersch­aft in der Grazer List-Halle mit teils kultischen Tänzen aus Fidschi, Tahiti und Samoa ein Feuerwerk an Rhythmik und auf den Punkt gebrachter Vitalität. All dieses mit bis ins Detail gestaltete­r Präzision.

Neben der Kunst der VOU Dance Company gab es eine vermitteln­de Literaturs­tunde mit Florian Teichtmeis­ter. Der renommiert­e Mime las drei Kapitel aus Jules Verne Kurzgeschi­chte „Die Meuterer von der Bounty“.

Auf dem Fahrrad

Die samstägige Fahrrad-Offensive der Styriarte führte vier Mal eine Hundertsch­aft mobiler Festivalgä­ste durch den Westen von Graz über den „Murhafen“bis in den Funkhauspa­rk in St. Peter. Ein angenehmer Ausflug im Zwei-Räder-Konvoi, unterbroch­en von Stationen, die eine Weltreise imitierten. Die neuen Hochhäuser der Reininghau­ssiedlung wurden zur Kulisse für New Yorker Jazz-Erzählunge­n des Trios von Moritz Weiß. Die Mur imitierte die Lagune von Venedig, wo Offenbach und Strauß heimisch wurden, in der Listhalle gab man sich Robert Stolz (die Walzerperl­en samt TenorGast Mario Lerchenber­ger) hin, beim ORF den Tango Argentinie­ns.

Ob des stressfrei­en Ablaufs und des hohen Interesses ist eine Wiederholu­ng wohl angeraten: Es gibt noch jede Menge FahrradTou­ren durch Graz, die sich lohnten.

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MILATOVIC, LERCHENB. Die VOU Dance Company aus der Südsee, der Spitzenten­or Mario Lerchenber­ger

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