Staatskomödie oder Lehrstück
Der „Antrag der Burgenländischen Landesregierung auf Normenkontrolle des Bundesgesetzes über den Österreichischen Rundfunk“wird seinem Titel gerecht. 44 Seiten sachkundige und spitzfindige Formulierungen: eine Delikatesse für Rechtskundige, schwer verdaulich für NichtJuristen. Doch der Werdegang dieser Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof ist eine allgemein verständliche Kuriosität – das Dokument einer Staatskomödie.
Armin Wolf, Galionsfigur der „ZiB 2“, war im März auf einen Artikel zur „Staatsferne“des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gestoßen. Autor: Verfassungsrichter Christoph Grabenwarter 2018. Dessen deutsche Kollegen hatten mit einem Urteil rund um diesen Begriff das ZDF zur Neukonstruktion seiner Organe gezwungen. Wolf fand einen Absatz, der auch die ORF-Gremien verfassungswidrig wirken lässt.
Der ÖVP-nahe steirische Stiftungsrat Klaus Poier sah das als Fehlinterpretation. Andere Juristen sprangen Wolf zur Seite. Doch letztlich blieb alles ein Sturm im Wasserglas vor der per Sideletter von der Koalition paktierten Wahl des Grünen Lothar Lockl zum Vorsitzenden des Stiftungsrats. Dass nun doch der Verfassungsgerichtshof damit befasst wird, wirkt auch wegen Personen und Parteien pikant. Grabenwarter ist seit 2020 sein Präsident und dadurch nicht stimmberechtigt zur Klage, in der er achtmal erwähnt wird – vom Chef des burgenländischen Verfassungsdienstes Florian Philapitsch. Der renommierte Rundfunkjurist war stellvertretender Leiter der für die ORF-Aufsicht zuständigen KommAustria, bis er 2016 unter SPÖ-Minister Thomas Drozda gehen musste.
Unterdessen wurde Lockl ohne Gegenstimme gewählt. Also auch von allen SPÖ-nahen Stiftungsräten und dem vom Burgenland entsandten Christian Kolonovits, der keinem Partei-Freundeskreis angehört. Und Lockl sagt: „Wenn ich es könnte, würde ich das Gesetz ändern.“
Diese Gemengelage ist wiederum spannend, weil auf Basis aktueller Umfragen die SPÖ bald wieder Regierungspartei sein könnte – samt damit verbundener Stärke zur Bestellung des Stiftungsrats. Wenn das Gesetz im Sinne des burgenländischen Landeshauptmanns Hans Peter Doskozil geändert wird, schmälert das auch die Einflussmöglichkeiten seiner Partei auf den ORF. Dann würde diese kleine Staatskomödie zum großen Lehrstück für eine bessere Demokratie.