Schon wieder kein „Sommer wie damals“
Krisen, Korruptionsverdacht und gescheiterte Vorhaben erlauben der Regierung keine Ruhe in der Hitze.
Nach 200 Tagen im Amt fand Bundeskanzler (ÖVP) am Sonntag Zeit für die Ö3-Show „Frühstück bei mir“. Zu seinem dritten Espresso ließ der Freizeit-Boxer „Eye of the Tiger“abspielen und gab unter den Lustern des Bundeskanzleramts zu, bei Hitze rasch zu schwitzen. Mehr Sommerloch geht kaum. Doch ein politischer „Sommer wie damals“zeichnet sich nicht ab. Neben den Dauerkrisen Teuerung, Ukraine-Krieg und Klimawandel steht der Kanzler und ÖVPChef vor einer Reihe an hausgemachten Problemen.
So verfolgt Nehammer die Affäre rund um einen von betrunkenen Personenschützern verursachten Unfall bis zum Frühstück bei Claudia Stöckl. Die früheren Cobra-Beamten seien „ja keine Jugendlichen, sondern Anti-Terror-Spezialisten“, sieht der Kanzler keine Schuld bei seiner Gattin Katharina Nehammer, die zum Trinken eingeladen hatte. Als dienstrechtliche Folge seien die beiden Männer aus der Spezialeinheit Cobra ausgeschieden und in Polizeiinspektionen versetzt worden, sagte ein
Sprecher des Regierungschefs am Sonntag. Beendet ist die
Affäre nicht: Die Staatsanwaltschaft
Korneuburg ermittelt wegen möglicher Vertuschung. Parlamentarische Anfragen zur Causa sind unbeantwortet, erinnerte der FPÖ-Fraktionsführer im U-Ausschuss, Christian Hafenecker.
Das Parlament hat überhaupt noch einiges zu tun (siehe links) und auch der ÖVP-UAusschuss kommt Mitte Juli noch einmal zusammen. Vor allem die Befragungen von Nationalratspräsident und U-Ausschuss-Vorsitzenden
Wolfgang Sobotka und Ex-Wirtschaftsminis- terin
(beide
ÖVP) dürften pikant werden.
Die Folgen türkis-blauer Versprechen beschäftigen auch den Rechnungshof: Die versprochene „Patientenmilliarde“gab es nie, dafür fielen 215 Millionen
Euro an Mehrkosten an, kritisieren die Prüfer laut „profil“in einem Rohbericht. Die Gewerkschaft ruft nun Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) auf, zumindest die versprochene Leistungsharmonisierung rasch nachzuholen.
Das wird nicht Rauchs einzige Sorge bleiben. Die Zahl der aktiv mit dem Coronavirus Infizierten steigt weiter, Oberösterreichs Landeshauptmann (ÖVP) fordert das Ende der Quarantäne. Dabei hat er seine Wahl bereits geschlagen: In Tirol wird man mit Blick auf Herbst bald wohl noch lauter Wünsche äußern. Für den Zickzack-Kurs der Regierung im Umgang mit der Corona-Politik erhielt der Kanzler von Umweltmediziner Hans-Peter Hutter zum Frühstück gleich ein „Nicht genügend“. Das Zeugnis dürfte Nehammers geringste Sorge zum Sommerstart sein.