Ein Poltergeist als Diplomat
Ukraine-Botschafter verklärt die Taten von Nazi-Kollaborateur.
Die Duden-Definition von „Diplomat“lautet: „Eine Person, die geschickt taktiert, um ihre Ziele zu erreichen, ohne andere zu verärgern.“Ohne Anecken geht es bei Andrij Melnyk, ukrainischer Botschafter in Deutschland, keinesfalls. Deftige Aussagen („Scholz ist eine beleidigte Leberwurst“), Beschimpfungen
(„A **** loch“), recht unverhohlen formulierte Tweets (Richard David Precht bezeichnete er als „pseudo-intellektuellen Verlierer“) gehören zu seiner schwer verdaulichen Verbal-Artillerie.
Munition verschießt der
Poltergeist tagtäglich, die Patronenhülsen sammelt das
Feuilleton fleißig, Worthülsen sind selten dabei. Zuletzt machte Melnyk mit Aussagen über den Nazi-Kollaborateur Stepan Bandera von sich hören: „Es gibt keine Belege, dass Banderas Truppen Hunderttausende Juden ermordet haben.“Der Partisan Bandera gilt unter ukrainischen Nationalisten bis heute als Galionsfigur der Unabhängigkeit zu Russland. Das Beispiel Melnyks zeigt eindrucksvoll, auf welch fragilem Fundament die Ukraine gesellschaftlich bis heute steht. Bei aller Kriegseinigkeit wird dieser Umstand die Ukraine auch künftig fordern. Auch in Hinblick auf einen EU-Beitritt. Das Land muss sich zwischen Nationalismus und Patriotismus entscheiden.
Melnyk ist wahrlich kein Diplomat aus dem Lehrbuch. Auch rein biografisch nicht: Der 46-Jährige wurde in der Sowjetunion geboren. Die Frage einer Diplomatenkarriere als solche stellte sich nicht. Melnyk entsprang einer ukrainischen Professoren-Familie, die keinerlei politische Verbindungen pflegte. Dann kam die Unabhängigkeit. Innerhalb von drei Monaten brachte er sich Deutsch bei, schlug die Laufbahn als Vermittler ein, war u. a Botschaftssekretär in Österreich, Leiter der Europaabteilung im ukrainischen Außenministerium. Wohin es ihn auch verschlägt, der Jurist, der in Harvard studierte, vermittelt stets lautstarke AntiHaltung. Zufrieden ist er nie. Schon gar nicht wägt er seine Aussagen polit-taktisch ab.