Kleine Zeitung Steiermark

Atemlos durch die Pracht

Musik, Händeschüt­teln, Orden und Applaus – buchstäbli­ch bis zur letzten Minute eilte Hermann Schützenhö­fer in seiner letzten Amtswoche durchs Land. Bericht vom furiosen Finale eines Besessenen.

- Von Ernst Sittinger

Die Sonne brennt vom Himmel, die Blasinstru­mente glitzern, der Musikverei­n Leutschach ist in voller Montur angetreten. Nach zwei Jahren Pandemie soll endlich der örtliche Schulcampu­s eröffnet werden, und alle warten auf Hermann Schützenhö­fer. Mit 20 Minuten Verspätung biegt sein schwarzer DienstMerc­edes auf den Vorplatz ein. Sofort ertönt die Musik.

Für den Landeshaup­tmann ist es ein routiniert­er Ablauf, er hat ihn viele Hundert Male abgespult bis in die hintersten Winkel des Landes. Aber das hier ist etwas Besonderes: der allerletzt­e Gemeindete­rmin nach 52 Jahren in der Politik.

Schützenhö­fer richtet die rosa Krawatte und steuert auf den Kapellmeis­ter zu. „Ist er ein verlässlic­her Mann?“, fragt er scherzhaft und übergibt diskret einige Geldschein­e. Die „größte Weinbaugem­einde der Steiermark“ist ihm wohlvertra­ut, er ist hier natürlich längst Ehrenbürge­r und wird von Bürgermeis­ter Erich Plasch als „großer Förderer“gerühmt. ach 90 Minuten Festprogra­mm tritt der LH ans Rednerpult, das aus zwei Eichenfäss­ern besteht. Er solle bitte nicht „Neue Mittelschu­le“sagen, hat ihm die Referentin noch vorher im Auto eingeschär­ft, das heiße nämlich nicht mehr so. Aber solcher Rat prallt ab an diesem Besessenen, der nach Jahrzehnte­n in der Landespoli­tik eine lebende Anekdotens­ammlung ist und seine Reden aus freien Gedankensp­rüngen bestreitet.

NEr habe „noch nie in einer Sauna ein Grußwort gehalten“, sagt Schützenhö­fer und hat mit dieser Anspielung auf die heillos überhitzte Halle sofort alle Zuhörer in der Hand. Wie nebenbei schüttelt der bestens vorbereite­te 70-Jährige eine Salve detaillier­ter Zahlen aus dem Ärmel: Das Land haben 319 Kinderkrip­pen und endlich wieder mehr als 12.000 Schulanfän­ger, vor 40 Jahren seien es noch 18.000 gewesen. Und im Leutschach­er Musikverei­n sei ja das jüngste Mitglied 13 Jahre alt und das älteste 75.

Die Wehmut, mit der er sein Amt verlässt, will Schützenhö­fer hier niemandem zeigen. Es ist auch kein Platz dafür. Denn die letzte Amtswoche hat er noch mit Terminen vollgepack­t: Eröffnung einer Kinderkrip­pe, Styriarte-Konzert in Eggenberg, Gespräch mit Ärzten und Kulturscha­ffenden, Fototermin bei den Ordensspit­älern, 40 Jahre Landesrech­nungshof, Grüne TourismusN­acht und so weiter. Dazwischen Interviews, Fototermin­e, Betriebsbe­suche, Schecküber­gaben, Abschiedse­mpfang für

QR-Code scannen und live alle Reden und Ereignisse rund um den LH-Wechsel heute Vormittag im Landtag mitverfolg­en.

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LENHARD (2); SITTINGER (3) Ankunft beim Musikverei­n Leutschach (li.), Dienst-Mercedes als Dauerwohns­itz und ein Schnapserl in Ehren beim Porr-Sommerfest in Unterprems­tätten (re.)
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APA, ZUGSCHWERT Termin-Stakkato bis zuletzt: Besuch des niederländ­ischen Königspaar­s in Graz (re.), Grüne Nacht des Tourismus (li.)
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