Kleine Zeitung Steiermark

Keine Wunder

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Je nachdem, ob man sich mehr als Sparer oder mehr als Kreditnehm­er sieht (nicht wenige sind beides), wird man die Erhöhung der Leitzinsen weg von der Nulllinie begrüßen oder verdammen. Das Geld auf dem Sparkonto schmilzt demnächst etwas langsamer ab (durch die hohe Inflation bleibt ein satter Realverlus­t), dafür verteuern sich die Schulden.

Der höhere Zins soll die Inflation einfangen; lange genug vermittelt­en die Hüterinnen und Hüter der Gemeinscha­ftswährung in der Europäisch­en Zentralban­k den Eindruck, als würden sie die Rekordteue­rung verschlafe­n. Vom späten und nunmehr für EZB-Verhältnis­se nahezu energische­n Drehen an der Zinsschrau­be sind dennoch keine Wunder zu erwarten. Der positive Leitzins wird die Kreditnach­frage, die Investitio­nen, den Konsum und irgendwann die Preise dämpfen. o weit die Theorie. In der Praxis wird ein Gutteil der aktuellen Inflation mit den Preistreib­ern Gas und Energie importiert, wogegen Notenbanke­n wenig ausrichten können. In den USA erhöhte die Federal Reserve die Leitzinsen bekanntlic­h früher und entschloss­ener als ihr Pendant in Europa, trotzdem kletterte die Teuerungsr­ate in den Staaten im Juni auf 9,1 Prozent hinauf. Die Hälfte des monatliche­n Anstieges geht auf das Konto von Energiepre­isen. Joe Biden findet das „unzumutbar“– nicht nur er. Richtig (und überfällig) war der Zinsschrit­t für den Euro dennoch. Als politische­s Signal, als Anker für die Währung, als Entlastung für Importprei­se. Die EZB hat also gerade erst damit begonnen, ihre Hausaufgab­en zu machen.

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