„Die Konjunktur wird keinen Infarkt erleiden“
Die Sorge vor einem Gaslieferstopp bleibt, aber er wäre zu meistern. Das IHS sieht selbst für diesen Fall kein „apokalyptisches Szenario“.
Die erste gute Nachricht des Tages kam nicht vom Institut für Höhere Studien (IHS), sondern aus Deutschland, wo in der Früh nach zehn Tagen Pause tatsächlich russisches Erdgas in der zuvor angekündigten Menge durch die bis Mittwoch gewartete GazpromPipeline Nordstream 1 gepumpt wurde. Die deutsche Bundesnetzagentur rechnet nun bei einer 40-prozentigen Auslastung wieder mit einem Lieferniveau wie vor der Wartungspause.
Auch die OMV erhält wieder höhere Mengen, aber trotzdem nur rund die Hälfte der ursprünglich vertraglich vereinbarten Lieferungen. Wenn es bei diesem Gasfluss bleibt, sollte in den nächsten Wochen viel eingespeichert werden können. Wobei ein Unsicherheitsfaktor ist, ob durch die extrem heiße Witterung die Wasserstände der Flüsse und damit die Stromproduktion nicht weiter sinkt.
Mit der Betriebsaufnahme von Nordstream 1 ist das katastrophalste Szenario zumindest zu diesem mit negativen Erwartungen aufgeladenen Zeitpunkt nicht eingetreten. Das schwere Damoklesschwert eines Gaslieferstopps verschwindet damit aber keineswegs. Die Ökonomen vom Institut für Höhere Studien (IHS) raten, sich auch für den schlimmsten Fall zu wappnen. Der Staat solle auf Vorrat Gas einkaufen und müsste im Notfall den Gasverbrauch in Österreich radikal drosseln. 27 Prozent Einsparungen seien möglich, so das IHS – wobei die Ökonomen hier auf Berechnungen des belgischen Bruegel-Instituts aufsetzen
– wenn sich der Preis bei 280 bis 300 Euro je Megawattstunde einpendele, erklärt Forschungsgruppenleiter
Michael Reiter.
Um den Preisdruck zu dämpfen, müssten jetzt auf europäischer Ebene alle Anreize zum Sparen gesetzt werden, die möglich seien. „Gas sparen, wo immer es geht, ist im Moment Devise“, so Richter. Grundsätzlich müsse man mit zwei sehr harten Wintern rechnen.
In Haushalten wären 20 Prozent Einsparung möglich, so Reiter. Durch die Umstellung von Gas auf Öl in der Stromproduktion könne der Verbrauch um ein Drittel sinken. Selbst in gasintensiven Industrieproduktionen hält der Ökonom Reduktionen um 20 Prozent für möglich, wenn die Produktion moderat heruntergefahren werde – um rund 13 Prozent, lautet hier die Annahme. In vielen anderen Wirtschaftsbereichen wären bei nur drei Prozent geringerer Produktion sogar 35 Prozent Einsparungen möglich.
Wäre mit diesem harten Szenario eine wirtschaftliche Katastrophe verbunden? Nein, keine Katastrophe, aber eine Rezession wäre die Folge. Reiter: „Unser Szenario ist jetzt kein apokalyptisches, das ist kein Herzinfarkt der Wirtschaft, sondern ein dreiprozentiger BIP-Rückgang.“Wobei das nicht der einzige Wohlfahrtsverlust sei, weil die Mehrausgaben ja Menschen, Unternehmen, den Staat treffen.
Das bremst den rasanten wirtschaftlichen Aufschwung nach Überwinden der jüngsten Etappe der Pandemie empfindlich. Immerhin sieht das IHS bis 2026 im Schnitt noch 1,8 Prozent Wirtschaftswachstum im Jahr, wobei das starke Jahr 2022 mit 3,8 Prozent plus den Schnitt hebt. Konkret werden für die kommenden Jahre 1,4 Prozent, 1,3 Prozent, 1,1 Prozent und 1,2 Prozent erwartet. Die Frage, ob die Gaskrise tatdie
Nord Stream 1 – Gaslieferungen
Gigawattstunden pro Tag