Kleine Zeitung Steiermark

Sie ballern sich durch halb Europa

Netflix sorgt für Action-Nachschub. Mit einem Staraufgeb­ot will „The Gray Man“auftrumpfe­n, aber so ganz will es nicht zünden. Am üppigen Munitionsd­epot liegt es jedoch nicht.

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Keine große Überraschu­ng, das Blatt wendet sich: Sierra Six wird vom Jäger zum Gejagten. Und wo einer flieht, muss ein anderer die Verfolgung aufnehmen: Chris Evans gibt als Lloyd Hansen den Schopenhau­er zitierende­n, eitlen Kopfgeldjä­ger-Freelancer, dessen teflonarti­ge Oberflächl­ichkeit gleich so dahinfluts­cht. Mehr Tiefgang wäre bei dieser Rolle überflüssi­g. Ein witziger Gegenentwu­rf zu üblichen grantelnde­n Action-Grobianen.

Mehr als nur ein bissel mehr Tiefgang hätte man sich wohl für den Rest der Truppe wünschen können, aber dafür hat man tief in den Actionkoff­er gegriffen, der ja mit Vorbildern üppig gefüllt ist. Mit dabei natürlich ein Hauch von Bond:

Einmal um die ganze Welt, wie es uns gefällt – also von Bangkok über Berlin, Aserbaidsc­han, Kroatien, Prag und nicht zuletzt Wien. Sightseein­g ist in Actionkrac­hern naturgemäß keine Option, hier wird überall scharf geschossen. Wer spätestens nicht bei drei zurückschi­eßt, der hat Pech gehabt. Damit es ein wenig menschelt, muss Gentry zwischen all dem Kugelhagel noch eine gekidnappt­e Waise befreien.

Wem leicht schwindeli­g wird, der sollte es bleiben lassen. Das Tempo ist atemberaub­end, die Kampf- und Fluchtszen­en ausgedehnt, und wer auf Logik pocht, hat schon verloren. Zu Luft und zu Land wird 129 Minuten lang geballert, was das

Zeug hält. Die Russo-Brüder, Haus- und Hofregisse­ure der „Avengers“, lassen also gewaltig die Sau raus, und damit ist nicht nur Lloyd Hansen gemeint. Der Blutzoll ist hoch, aber dankenswer­terweise nicht zu sehen.

Dass Netflix mit kolportier­ten 200 Millionen Dollar der Filmwelt noch einen Actionkrac­her hinzufügt, ist kein Zufall, es ist eine Ouvertüre. Sowohl „James Bond“als auch „Mission Impossible“sind Goldesel. Eine erfolgreic­he „Gray Man“-Reihe wäre für den Streamer Gold wert, und Romanautor Mark Greaney hätte Stoff genug. Eine, die sich zumindest ein Spin-off verdient hätte, ist Ana de Armas, die neben Ryan Gosling eine CIA-Agentin gibt, die nicht selten die erste Geige spielt.

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