Geldregen, der verpflichtet
Auch digitale ORF-Nutzer werden in die Gebührenpflicht genommen. Für die Regierung ein Anlass, die Medienförderung endlich auf ein neues Fundament zu stellen.
Es gibt einige gute Gründe, dass sich ein Land, zumal ein kleines, dazu bekennt, an der Idee eines öffentlichrechtlichen Rundfunks festzuhalten. Wenn das Herstellen einer gemeinsamen Öffentlichkeit zum Humus einer Demokratie gehört, zum Boden, auf dem eine Gesellschaft mit sich selbst ins Gespräch kommt, dann muss das für eine Großorgel wie den ORF der zentrale Daseinszweck sein, die Legitimation dafür, dass es ihn gebührenfinanziert gibt. An diesem Anspruch ist der ORF zu messen. Er muss Generator von Identität, Diskurs und Teilhabe sein. Die Unterscheidbarkeit muss seine Währung sein. Gibt er sie auf, gibt er sich auf.
Gegenüber den privaten Medien ist der ORF radikal begünstigt: Er darf die Logiken des Marktes für sich nutzen (Werbung), ohne sich ihnen unterwerfen zu müssen. Er muss um seine Abonnenten nicht ringen. Sie zahlen auch so: Kollekte des Kollektivs. Als Gegenleistung sendet man heimische Produktionen oder überträgt Opernpremieren. Das Abspielen von US-Konserven oder eigenmächtige Pädagogik wie ostentatives Gendern ohne Einwilligung der
Kunden unterlaufen den Gründungsauftrag. Das stärkt all jene, die Gebühren für unzeitgemäß halten. Und es schwächt die, die gut finden, dass es in Zeiten der Polarisierung den ORF als Klammer gibt. iese Woche hatte er Grund zu feiern. Die Hüter der Verfassung stellten klar, was jedem einleuchtet: Es ist unfair und unrechtens, dass Konsumenten, die ORF-Sendungen am Smartphone anschauen, nicht zahlen und Nutzer von Fernsehgeräten schon. Die Gebührenzahler finanzierten die digitalen Nutzer mit. Es geht um eine Million Haushalte. Ob Empfangsgeräte dort stehen, soll künftig ohne Belang sein. Die potentiellen digitalen Seher und Hörer werden Teil des zahlenden Kollektivs. Das kann man machen, auch Kinderlose zahlen für Schulen, in Zeiten galoppierender Teuerung wird eine solche angedachte Ausweitung der
DZahlung in Form einer Haushaltsabgabe jedoch zum Sprengsatz. Selbst dann, wenn bestehende Gebührenzahler etwas weniger berappen sollten. ie Regierung ist daher gut beraten, wenn sie die Reparatur in die überfällige Neuordnung einer transparenten Medienförderung einbettet. Allzu oft war Medienförderung verdeckte Boulevardförderung, ausgespielt über Inserate, während die gesetzliche Presseförderung verglichen mit anderen Ländern Substandard ist. Sie gehört auf europäisches Niveau gehoben und an qualitative Kriterien gekoppelt. Cash gegen Wohlverhalten darf nicht mehr stille Praxis sein. Auch der Millionenregen für den ORF braucht einen Rahmen. Der Rundfunk soll einen zukunftsfähigen Online-Auftritt haben, ohne Sieben-Tage-Limit. Wie bei ZDF oder ARD muss aber im Fokus der Bewegtbild-Inhalt stehen, die Kernkompetenz. Was nicht sein kann: Den ORF finanziell zu stärken, indem er mit einer textbasierten, frei zugänglichen Nachrichten-Website den Zeitungen, die ohne zahlende digitale Leser wirtschaftlich chancenlos sind, die Luft abschnürt.
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