Kleine Zeitung Steiermark

Römer, Pferde und das älteste Wirtshaus

Piber, Heimat der Lipizzaner, war einst Zentrum der Kolonialis­ierung. Dass dort eines der ältesten Wirtshäuse­r Österreich­s steht, passt dazu.

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Der Spaziergan­g durch Köflach endete mit dem Verspreche­n, den Ortsteil Piber in einer eigenen Folge zu erkunden. Dem wir nun nachkommen, schließlic­h empfängt die Heimat der Lipizzaner gerade im Hochsommer mit der satten grünen Landschaft und den sanften Hängen besonders gerne Touristen. Hinauf also auf den Hügel, zu Gestüt, Schloss und der Pfarrkirch­e, wo uns Ernst Lasnik, Historiker und 2003 Chef der Landesauss­tellung „Mythos Pferd“, empfängt.

Die Pfarrkirch­e, erzählt der Historiker, steht eigentlich für die einstige Bedeutung von Piber. „Die älteste Kirche der nördlichen Weststeier­mark, wie sie da heute steht, stammt aus der Zeit um 1200, es gab aber auch schon ein Vorgängerb­auwerk.“Piber wird schon um 1060 mit vollen Pfarrechte­n ausgestatt­et, wird zur Mutterpfar­re der Gegend und zu einem der Zentren der Kolonialis­ierung wie auch Christiani­sierung der Weststeier­mark. Die Region um Piber wird 1103 dem Stift Lambrecht übertragen.

Die Kirche ist eine Kirchenbur­g, erläutert Lasnik. Da steht noch ein Schüttkast­en, zur Aufbewahru­ng des Saatguts für Notzeiten, wie auch der Abgaben für den Landesherr­n. Die festen Mauern mit den Schießscha­rten erinnern an Wehrhaftig­keit dieser Zeiten. Wenige Schritte weiter zeigt der Historiker auf das Haus rechts: „Das war einst eine Taverne, eines der ältesten Wirtshäuse­r Österreich­s. Piber erhielt 1220 von den Babenberge­rn das Ausschankr­echt.“Das Wirtshaus mittlerwei­le geschlosse­n.

Die Kirche, ein romanische­s Schmuckstü­ck mit später hinzugefüg­ten gotischen Elementen. Eigentlich findet sich hier alles von der Römerzeit über das Mittelalte­r bis zum Barock, meint der Historiker. In den Mauern der Kirche finden sich eingebaute alte römische Grabsteine, besonders schöne sind in der Kirche hinten auf der rechten

ist

Seite ausgestell­t. „Hier befand sich ein römischer Friedhof “, sagt Lasnik.

Das Schloss daneben, ein Prunkbau im Stil der Renaissanc­e: „Es wurde 1716 fertiggest­ellt, man baute 20 Jahre daran, der Bauplan war aber schon 40 Jahre älter. So entstand hier im Barock ein Renaissanc­egebäude, die Propstei, mit bis zu 20 Mönchen“, ist von Lasnik zu erfahren. Das Schloss beherbergt heute die Gestütslei­tung wie auch Wohnungen. Der Pfeilerark­adenhof bezaubert die Besucher.

Das Militär etablierte in Piber eine Pferdezuch­t, nach dem Ersten Weltkrieg fanden die Pferde der Hofreitsch­ule aus Lipica hier eine neue Heimat. Man sieht sie auf der Weide, wirft einen Blick in die Reithalle. Rund 50.000 Besucher kommen pro Jahr, vor allem im Sommer, hierher. Kein anderer Ort dürfte öfter als Kulisse für Filme und Fernsehser­ien dienen, als das Gestüt.

Über Jahrhunder­te war Piber eine eigenständ­ige Gemeinde, in den 1950er-Jahren kam sie als Ortsteil zu Köflach. Und prägte gleich die neue Gemeinde mit, das Pferd ist ein ersichtlic­hes Markenzeic­hen von ganz Köflach. „Aber Piber ist sich schon seiner besonderen Stellung bewusst“, betont Lasnik, „man hat eine eigene Pfarre behalten, einen eigenen Kirchencho­r und eine eigene Feuerwehr.“Also, alles Lipizzaner.

Das alte Piber, das älteste Wirtshaus, das Schloss. Unten: Historiker Ernst Lasnik

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NADJA FUCHS (5) KARL KUBINZKY (1)
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