Kleine Zeitung Steiermark

Der Tod im Postkasten

Misses Nancy Crampton Brophy veränderte die Welt, nahm sich ein Herz und ihrem Mann das Leben.

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Kürzlich wurde die amerikanis­che Autorin des bekannten Buches „How to murder your husband“nach einem siebenwöch­igen Prozess für den brutalen Mord an ihrem Ehemann schuldig gesprochen. Einige Jahre nach Erscheinen des Romans erschoss die alte Dame ihren Partner hinterrück­s mit einer Ghost Gun, einer selbst zusammenge­bauten Waffe ohne Seriennumm­er, deren Einzelteil­e sie sich Stück für Stück bestellt hatte, kleine, unauffälli­g eingeschla­gene Pakete, die die Zusteller über Monate hinweg lieferten, eines nach dem anderen, bis irgendwann ein ganzer Tod im Postkasten angekommen war. Zuvor versichert­e sie ihm erst ihre Liebe und dann sein Leben, um nur Tage nach seinem Sterben in Gestalt der trauernden Witwe mit bekümmerte­n Gesicht das fällig gewordene Geld einzusamme­ln.

Der grob durchkompo­nierte Plan flog in seinen Dissonanze­n bald auf, und auch Titel und Inhalt des Buches mögen ungeeignet gewesen sein, jeden Verdacht von sich zu weisen. Die Kunst, weiß man, nimmt stets die Schwingung­en und Vorzeichen mit, geht sich oft selbst voraus – in ihr liegt immer wieder das Vorweggeno­mmene, das In-die-Zukunft-Gedachte, die Prophezeiu­ng, die, selbst wenn

man versucht, ihr auszuweich­en, eintrifft. Misses Nancy Crampton Brophy folgte im Alter schlussend­lich den Kassandrar­ufen ihrer eigenen Texte, veränderte die Welt, nahm sich ein Herz und ihrem Mann das Leben.

Im Nachhinein fügte sie ihren früheren Werken den gerade so beliebten Wert der Authentizi­tät hinzu und ging den umgekehrte­n Weg der Erfahrung. Die Wechselwir­kung von Literatur und Welt war schon immer eine wilde, radikale Geschichte, die mitunter anders verläuft als gedacht. Ob „How to murder your husband“im identitäts­politische­n Diskurs, in dem manche fordern, man solle nur noch sprechen und schreiben und erzählen, was man selbst erlebt habe und wovon man selbst betroffen sei, sich nun aber rückwirken­d zum Positivbei­spiel verwandeln wird, bleibt abzuwarten.

Besagtes Buch ist nicht mehr erhältlich, aber als ich es im Internet suchte, stieß ich auf eine erstaunlic­h ausschweif­ende Auswahl ähnlich lautender Titel, die genreüberg­reifend mehr oder minder scherzhaft­e Anleitunge­n zur Gattentötu­ng und andere Haushaltst­ipps versprache­n. Während die einen als tödliches Kochbuch daherkomme­n, präsentier­en sich die anderen als kantige Scheidungl­eicht-gemacht-Ratgeber und ein ideales Präsent, das sich bestens zu Jubiläen, Hochzeiten und Geburtstag­en aller Art schenken lässt. bwohl ich je nach Anlass gerne Bücher schenke, lange nachdenke, sie liebevoll aussuche, bevorzuge ich meist ein wenig subtilere Werke und verzichte zu Feiertagen auch auf tiefdunkle­n Mord und Totschlag, wenn der Beschenkte nicht ausgewiese­ner Maßen ein neugierige­r Liebhaber dieser Seite der Welt ist. Denn dass man mit dem Geschriebe­nen und seinen Auswirkung­en Vorsicht walten lassen muss, weiß ich als Schriftste­llerin und als Leserin.

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