Beten! Aber wie?
Arnold Mettnitzer, Theologe und Psychotherapeut
S eit Monaten werden uns täglich Bilder von den Schlachtfeldern vor unserer Haustüre in unsere Wohnzimmer geliefert. „Not lehrt beten!“, sagen wir. Resignierte meinen, hier könne man „nur noch beten“. Alle heiligen Schriften der Welt sind von der Kraft des Betens überzeugt! Sie meinen damit aber keine ohnmächtige, mit verschränkten Armen verrichtete Übung.
Ein Krieg mit immer mehr Waffen, von wem und für wen auch immer geliefert, kann niemals Frieden schaffen. „Es gibt keinen Weg zum
Frieden! Der Friede selbst ist der Weg!“, sagt Mahatma Gandhi. Und wer damit nicht anfängt, kann darin auch nicht ankommen. Darum besteht ein erster Schritt dorthin u. a. darin, darum zu beten und die
Menschen um uns darum zu bitten. Denn ein im biblischen Sinne betender Mensch bittet niemals nur für sich allein; er weiß sich in allem, was er tut, für das Schicksal der ganzen Welt mitverantwortlich; und der biblische Satz „Du sollst nicht töten“ist ihm wichtiger als jeder Schießbefehl. Kein Geringerer als Albert Einstein hat bereits in den 1920er-Jahren dafür plädiert, das Militär zu beseitigen, um den Rückfall in die Steinzeit der menschlichen Zivilisation zu verhindern. Kriege entstehen durch Angst! Aus dieser Angst heraus sorgen sie dann dafür, dass andere größere Angst haben. Die Angst voreinander treibt dann zu immer wahnsinnigeren Ideen des militärischen Rüstens.
Die Bergpredigt nennt diejenigen in dieser Welt glücklich, die den Mut haben, wehrlos zu bleiben; nur die Wehrlosen garantieren den Frieden; ihr Zeugnis ist das wirksamste Gebet, das keiner Worte bedarf. Rainer Maria Rilke hat solchen Menschen eines seiner Gedichte gewidmet: „Der erscheint mir als der Größte, / der zu keiner Fahne schwört, / und, weil er vom Teil sich löste, / nun der ganzen Welt gehört.“