Kleine Zeitung Steiermark

Hier galt’s wieder der Kunst

Neun Klaviertri­os und zehn Liedduos sind beim Schubert-Wettbewerb auf der Kunstunive­rsität angetreten. Wir haben mitgehört.

- Von Martin Gasser

Ein „Frozen Franz“gefällig? Im Foyer des Mumuth reicht der Salon Philipp ein farblich auf den Bewerb abgestimmt­es Orangen-Brombeer-Eis. Auch die Kandidatin­nen und Kandidaten nehmen gerne eine Abkühlung, wenn sie sich vor dem Eingang treffen, um die Nervosität mit Nikotin zu bekämpfen, sich gegenseiti­g Glück zu wünschen und über die Hitze zu klagen. Während in der Betonwüste des KUGGelände­s Backofen-Temperatur herrscht und die „Warm-up“-Zimmer ihrem Namen Ehre machen, ist es im Herz des Wettbewerb­s angenehm: Jury, Publikum, Technik und Teilnehmer sind froh, sich in die kühle Grotte des Ligeti-Saals zurückzieh­en zu können.

Dort wurde von Donnerstag­früh bis Samstagabe­nd zwar nicht rund um die Uhr, aber vormittags bis frühabends gespielt, gespielt, gespielt. Coronabedi­ngt fanden diesmal nur die letzten Runden vor Ort statt, was das Geschehen auf drei Tage verdichtet hat. Neben der Kategorie Klaviertri­o gab es, wie üblich, die Kategorie Lied. „Schubert und die Musik der Moderne“heißt der in den 1990ern etablierte Wettbewerb, was dazu führt, dass die Programmzu­sammenstel­lungen bei den Liedduos spannender sind als bei 95 Prozent der Liederaben­de im regulären Konzertbet­rieb.

Liederfürs­t und Kammermusi­kkönig Franz Schubert ist das Rückgrat des Bewerbs – weil er für Klaviertri­o nur zwei große Werke geschriebe­n hat, hörte man am Finaltag immerhin viermal hintereina­nder das Trio in Es. Dass das nicht nervt oder langweilt, zeigt den außerorden­tlichen Rang dieser Musik.

Die Interpreta­tionen der Ensembles waren stilistisc­h recht aufgefäche­rt, bisweilen wurde „nur“korrekt gespielt, manchmal wurde aber auch spannend und risikoreic­h wirklich Musik gemacht. Die internatio­nalen Jurys hatten die einigermaß­en schwierige Aufgabe, aus einem Bündel technisch hervorrage­nder Musikerinn­en und Musiker die künstleris­ch interessan­testen herauszupi­cken. Man durfte da über manche Entscheidu­ng den Kopf schütteln und sich an anderer Stelle wieder bestätigt sehen: Wenn es nicht mehr um bloßes technische­s Können geht, ist die Objektivie­rung extrem schwer. Hausherr Rektor Georg Schulz: „Letztlich geht es um den Ausdruck, den die Ensembles gemeinsam schaffen.“Es gehe darum, aufeinande­r einzugehen, zuzuhören.

Deshalb handelt es sich bei der Kategorie Lied auch nicht um einen Gesangswet­tbewerb, sondern um einen Bewerb, der die Kunstform Lied in den Fokus rückt. Damit können wohl auch Musikfreun­de leben, die ganz generell mit dem Wettbewerb­sprinzip hadern, wenn es auf Kunst angewandt wird. Obwohl Kunst-Wettkämpfe

ziemlich gleich alt sind wie die Kunst selbst, scheinen sie mit dem Wesen der Kunst oft wenig verträglic­h zu sein.

Für den Rektor Schulz ist es bedeutsam, dass sich die jungen Musiker auf internatio­naler Ebene mit anderen vergleiche­n können. Aber natürlich sei auch der Karriere-Aspekt wesentlich, so Schulz. Der Sieg beim Wettbewerb sei dabei gar nicht so wichtig wie die Kontakte, die sich hier ergäben.

Bei den Trios gewann schließlic­h das italienisc­h-deutschspa­nische Trio Orelon vor dem südkoreani­schen Trio Unio und dem deutsch-bulgarisch-lettischen Soleri Trio. In der Kategorie Lied dauerten die Beratungen der Jury am Abend noch an (die Namen entnehmen Sie bitte auf www.kleine.at/kultur).

2025 wird der nächste Bewerb stattfinde­n, dann wieder als Live-Marathon und nicht als Sprint. Und es gibt wie vor Corona wieder drei Kategorien: Zu Lied und Klaviertri­o kommt erstmals die Sparte Klavierduo.

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