„Alles Ukrainische soll ausradiert werden“
Tagebuch aus Odessa. Abseits des Schlachtfelds tobt auch ein Kulturkampf.
In meinem Land findet nicht nur ein Kampf auf dem Schlachtfeld, sondern gewissermaßen auch ein „Kampf der Kulturen“statt. Denkmäler werden zerstört, Kunst geraubt, ukrainische Literatur aus den Bibliotheken entfernt. Die Russen drängen der Bevölkerung in den besetzten Gebieten ihre Sprache und ihre Kultur auf. Alles Ukrainische soll ausradiert werden. Schüler werden gegen die Ukraine aufgehetzt. Man behauptet, die Ukraine habe gar keine eigene Kultur, ihre Sprache wäre nur ein Dialekt, „minderwertig“. Dabei ist die Ukraine eine Nation mit einer mehr als tausendjährigen Geschichte. Kiew war bereits eine Metropole, als Moskau noch nicht einmal ein Dorf war.
Die Ukrainer protestieren dagegen: Alles Russische wird kategorisch abgelehnt. Das führt zu Herausforderungen, etwa beim Sprachlichen. Russisch ist aus historischen Gründen die Muttersprache vieler Ukrainer, auch meine. Gleichzeitig ist Ukrainisch die alleinige Amtssprache. Wie die meisten Ukrainer beherrsche auch ich beides. Seit dem 24. Februar stößt Russisch aber auf Ablehnung, viele fordern, es nicht mehr in den Schulen zu unterrichten. Einige Städte haben diese Entscheidung schon getroffen. So mancher möchte am liebsten die gesamte russische Kultur aus der Ukraine verbannen.
waren früher viele positiv gegenüber Russland eingestellt. Das hat sich geändert. Nicht einmal fünf Prozent der Bewohner der Stadt sind noch prorussisch. Odessa war immer ein Zusammenspiel aus verschiedenen Kulturen, ein Mosaik unterschiedlicher Mentalitäten. Künftig wird ein Teil, die russische Sprache, vielleicht fehlen.
Putin sagt, er wolle uns „beschützen“. Beschützen – wovor? Meine Freunde und ich wurden nie wegen der russischen Sprache diskriminiert. Die Ukraine ist ein demokratisches und tolerantes Land, in dem viele Nationen friedlich miteinander leben. Und dennoch schämen sich viele Ukrainer jetzt, wenn