Kleine Zeitung Steiermark

Vergiftete­s Klima

Im August fällt die Quarantäne­pflicht. Der Weg dorthin glich einer „Politik by Chaos“, die dem vergiftete­n Klima geschuldet ist. So kann man ein Land nicht durch die Krise führen.

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Vor ein paar Wochen tauchte das Gerücht auf, der Gesundheit­sminister bastle an der Aufhebung der Quarantäne­pflicht. Wer positiv sei, aber keine Symptome aufweise, könne seine eigenen vier Wände verlassen, müsse allerdings in freier Wildbahn eine Maske tragen. Im Ministeriu­m hieß es dazu, man könne das Gerücht nicht bestätigen, arbeite aber an verschiede­nen Optionen.

Am Wochenende tauchte ein Entwurf auf, der das Ende der Quarantäne vorsieht. Diesmal hieß es, es handle sich um einen Entwurf, man prüfe mehrere Varianten, das letzte Wort sei noch nicht gesprochen. Parallel dazu probten die roten Landeshaup­tleute den Aufstand, die sich darüber empörten, nicht in die längst stattfinde­nden Gespräche eingebunde­n zu sein. Gleichzeit­ig verlor der Gesundheit­sminister auf Twitter die Kontrolle. „Ich bin – ernsthaft – nicht ganz so bescheuert, wie viele mich hier halten“, keifte er aufgebrach­t zurück. Johannes Rauch hatte wegen des vermuteten Quarantäne-Aus einen Shitstorm geerntet. Tenor der Empörung: Der Minister handle nicht evidenzbas­iert, sondern

Michael Jungwirth füge sich dem Druck der Mehrheit. Vom Bundeskanz­ler war nichts zu vernehmen.

Nach dem gestrigen CoronaGipf­el war klar, dass weder die Gerüchte noch der Entwurf ein Fake waren und mit 1. August die Quarantäne – bis auf Weiteres – der Vergangenh­eit angehört. Ob der Schritt sinnvoll ist, sei dahingeste­llt. Von den 27 EU-Ländern haben nur fünf diesen Weg eingeschla­gen, die meisten Experten sehen die Maßnahme skeptisch. Vor allem: Wie will man sicherstel­len, dass Infizierte außer Haus wirklich eine Maske aufsetzen? Noch dazu in einem Land, wo das Prinzip der Eigenveran­twortung im Umgang mit dem Staat ein Fremdwort ist? Während die SPÖ-geführten Bundesländ­er schäumten, ward vom Gesundheit­sminister vorerst nichts zu vernehmen.

Zugegeben: Die epidemiolo­gische Situation ist derzeit entspannt, ein Blick in die Spitäler liefert den Beweis. Noch dazu brennt an ganz anderer Stelle der Hut. Gleichzeit­ig lief die Meldung über die Agenturen, Russland verringert die Gaslieferu­ng und liefert nur noch 20 Prozent durch die Nord Stream1-Leitung. rsache allen Übels ist das vergiftete innenpolit­ische Klima. Die politisch angeschlag­ene Volksparte­i ist mit sich selbst beschäftig­t und traut den Grünen nicht über den Weg, die Grünen wittern Morgenluft, wissen aber auch nicht, ob Plan B zum Erfolg führt. ÖVP und Grüne hält nur noch die Angst vor Neuwahlen zusammen.

Vergiftet ist auch das Klima zwischen Regierung und Opposition. Dass die durchaus selbstbewu­ssten Landeshaup­tleute, vor allem, wenn sie eine andere Parteifarb­e besitzen, rechtzeiti­g eingebunde­n werden wollen, sollte sich bis nach Wien herumgespr­ochen haben.

Am 1. August fällt also die Quarantäne­pflicht. Der Weg dorthin glich einer „Politik by Chaos“. So kann man ein Land nicht durch die multiplen Krisen führen.

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