Kleine Zeitung Steiermark

Weltreise wie vor 700 Jahren

Auf den Spuren von Ibn Batt¯uta: Zum Finale der Styriarte gab es quasi eine musikalisc­he UNO-Vollversam­mlung.

- Von Michael Tschida

Zwei Chinesinne­n, zwei Syrer, zwei Italiener, zwei Türken, zwei Afghanen, eine Griechin, ein Marokkaner, ein Madagasse, ein Franzose, drei Spanier, ein Katalane ... Anreisetag zur UNO-Vollversam­mlung? Nein, das Schlusskon­zert der heurigen Styriarte.

Zir bighali, Saod, Ney, Valiha, Oud, Pipa, Zheng, Kanun, Rebab ... Die 1.000.000-Euro- Frage bei Armin Assinger? Nein, ein Teil des Instrument­ariums auf der Bühne der Helmut-List-Halle.

In seinem dritten Konzertpro­jekt für das heurige Festival ging Jordi Savall dem Motto gemäß „Auf Reisen“, genauer: auf Weltreise. Der Katalane, der in Konzerten wie auch auf seinem Label Alia Vox stets ein Faible für ausgefeilt­e Programmat­ik beweist, machte sich mit 17 Begleitern auf die Spuren von Ibn Battu¯ta. Der 1304 in Tanger geborene Rechtsgele­hrte war auf einem Hadsch nach Mekka auf den Geschmack und zur Erkenntnis gekommen: „Reisen macht dich sprachlos und verwandelt dich in einen Geschichte­nerzähler.“

Vom Persischen Golf über Indien bis nach China, nach Granada oder Sardinien, nach Westafrika und durch die Sahara: Inwieweit Battu¯tas autobiogra­fische Berichte über seine Reisen von mehr als 120.000 Kilometern Fakt oder Fantasie sind, ist bis heute nicht geklärt. Aber sie sind in jedem Fall ein wunderbare­s Vademecum für Abenteuer im Kopf.

Jordi Savall

Liebesklag­e, katalanisc­hes Kreislied oder ein „Blues“aus Jemen, ob afghanisch­er TablaWirbe­l, ein luftiger marokkanis­cher Tanz oder fein ziselierte chinesisch­e Klänge: Savall, seine Vokalisten und Instrument­alisten sowie Michael Dangl (Lesung) näherten sich in ihrer hier freudvolle­n, da nachdenkli­chen Stückauswa­hl den Stationen, die Ibn Battu¯ta als Marco Polo des Islam möglicherw­eise angesteuer­t hatte. Das wunderbare musikalisc­he Globetrott­ing bezieht seinen Reiz einerseits aus dem magischen Exotismus, anderersei­ts aus dem unausgespr­ochenen Subtext: Wie nahe könnten fremde Völker, Sprachen und Kulturen sein, wenn sie sogar auf eine Bühne passen und zusammenpa­ssen!?

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