Kleine Zeitung Steiermark

„Die Miliz muss mehr zum Üben kommen“

- Von Wilfried Rombold

Heer soll weniger Assistenz leisten und sich auf seine Kernaufgab­en konzentrie­ren, sagt Verteidigu­ngsministe­rin Klaudia Tanner.

Vor vier Monaten haben Sie einen zehn Milliarden Euro schweren „Neutralitä­tsfonds“und die Anhebung des Heeresbudg­ets auf bis zu 1,5 Prozent des BIP angekündig­t. Bisher ist nichts davon zu sehen. War das alles doch nur ein PR-Gag? KLAUDIA TANNER: Es hat sich seitdem nichts an den zugrunde liegenden Plänen und Notwendigk­eiten geändert. Insbesonde­re steht außer Streit, dass der Anstieg des Budgets über die Legislatur­periode hinaus erfolgen soll, das ist mit den 1,5 Prozent im Bundesfina­nzrahmen bis 2026 gemeint. Ich sehe keine Partei, die etwas dagegen hätte, daher gibt es keinen Grund an diesem Fahrplan zu zweifeln.

Es war aber eine klare Ansage von Ihnen. Wie weit ist man in den Verhandlun­gen davon entfernt? Das ist nicht nur eine Ansage, sondern die Notwendigk­eit, der sehr genaue Pläne zugrunde liegen. Wir mussten nach dem 24. Februar das Risikobild adaptieren, haben die Streitkräf­teprofile überarbeit­et. Es gibt drei Bereiche, in die zu investiere­n ist: die Autarkie der Kasernen, die Ausrüstung und der Schutz der Soldaten und die Mobilität zu Lande und zu Luft. Was oft untergeht: Wir beginnen nicht bei null, in den letzten Jahren wurde bereits sehr viel investiert.

Braucht Österreich eine gänzlich neue Sicherheit­sdoktrin, wie es auch namhafte Persönlich­keiten und Experten fordern?

Es liegt mir fern, die Grenzen meiner Zuständigk­eit zu überschrei­ten. In diesem Fall liegt sie beim Parlament. Aber neben jeder parlamenta­rischen Diskussion über eine neue Sicherheit­sdoktrin steht außer Frage,

das Bundesheer budgetär und personell in die Lage versetzt werden muss, seinen verfassung­sgemäßen Aufgaben nachzukomm­en.

Sie haben zuletzt betont, dass sich das Bundesheer wieder stärker seinen Kernaufgab­en widmen muss. Wurde die Rolle als „Hilfsarmee“überstrapa­ziert?

Das hat den einen oder anderen Soldaten schon sehr wehgetan. Nicht falsch verstehen: Assistenzu­nd Unterstütz­ungsleistu­ngen sind im Wehrgesetz festgeschr­ieben und sie haben in den letzten Jahren viel dazu beigetrage­n, dass das Vertrauen in das Bundesheer und die Soldaten ungemein gestiegen ist. Aber es leidet auch etwas darunter: Man kommt nicht mehr zum Üben, nicht mehr zu den eigentlich­en Aufgaben. Das ist jetzt wieder vermehrt zu tun.

Da ist jeweils zu beurteilen, was unabdingba­r noch notwendig ist. An der Grenze bleibt es weiter unser Ziel, so wenig Grundwehrd­iener wie möglich einzusetze­n – das ist uns zeitweise nicht immer gelungen. Der Fokus soll auf dem Einsatz der Miliz liegen. Was die Botschafts­bewachung betrifft, bin ich überzeugt davon, dass wir sie weiter zurückfahr­en können.

Österreich hat als einziges Land ein Milizheer ohne Übungspfli­cht. Rekruten werden nach sechs Monaten Grundwehrd­ienst entlassen, was Experten für sinnlos halten. Warum scheut man selbst jetzt davor, die Rückkehr der zwei Monate verpflicht­ender Milizübung­en nur anzudenken?

In dieser Diskussion wissen manche nicht, wovon sie sprechen. Dass die Miliz üben muss, ist das eine. Dass verpflicht­ende Milizübung­en eine Verlängeda­ss rung des Grundwehrd­ienstes auf acht Monate bedeuten, sehe ich nicht. Für solche Beschlüsse braucht man Partner. Haben Sie eine Partei gehört, die aktiv für eine Verlängeru­ng des Grundwehrd­ienstes und damit des Zivildiens­tes eintritt? Ich nicht.

Wollen Sie es?

Ich sehe jetzt nicht die Notwendigk­eit dazu. Mein Zugang ist, das zu tun, was ich in meinem Bereich anordnen kann. Das ist zum einen das Modell 6 plus 3, also die freiwillig­e Verlängeru­ng des Grundwehrd­ienstes. Zum anderen muss die Miliz wieder mehr zum Üben kommen, indem man sie, wie zuletzt in Eisenerz, in große Übungen der Truppe einbindet. Dazu habe ich den Generalsta­b beauftragt, Modelle auszuarbei­ten. Die für mich zentrale Frage lautet: Warum soll nicht jeder Milizsolda­t, der sich einmal gemeldet hat, auch zum öfteren Üben verpflicht­et werden?

 ?? HBF/LECHNER ?? polizeilic­hen Assistenze­insatz an der Grenze zurückfahr­en.
Ministerin Klaudia Tanner zweifelt nicht am Fahrplan zu einem deutlich höheren Heeresbudg­et
HBF/LECHNER polizeilic­hen Assistenze­insatz an der Grenze zurückfahr­en. Ministerin Klaudia Tanner zweifelt nicht am Fahrplan zu einem deutlich höheren Heeresbudg­et

Newspapers in German

Newspapers from Austria