Filme der Woche
Julio Blanco liebt das Gleichgewicht. Der Chef der Waagen-Fabrik Básculas Blanco ist „Der perfekte Chef “. Seine Angestellten seien seine Familie, er greift schon einmal zum Hörer und holt den Sohn eines alten Angestellten von der Polizeistation ab. Und wenn der Produktionsleiter Miralles wieder einmal Aufträge versemmelt, bittet er ihn zum Mittagessen, um die Probleme zu besprechen, die dahinter stecken. Immerhin seien ihre Väter schon zusammen zur Jagd gegangen. Miralles habe ihn schon damals vor Ärger gerettet. Also hilft ihm der Chef nun in der Ehekrise.
Dass hinter diesem väterlichen Image mehr steckt, verbirgt Darsteller Javier Bardem lange gekonnt. So manche Bemerkung über die Produktivität nimmt man dem grau melierten Spanier gerne ab. Immerhin scheint bei ihm noch zu gelten, was auch hierzulande einmal falsche Behauptung war:
„Geht’s der Wirtschaft geht’s uns allen gut.“
Doch so harmonisch ist der Alltag in der Waagen-Fabrik nicht. Demonstriert doch ein gekündigter Arbeiter vor dem Tor. Das macht sich gar nicht gut beim anstehenden Besuch einer Jury, die Blanco einen weiteren Preis für den besten Arbeitgeber verleihen soll. Und dann ist da auch noch die großgewachsene Praktikantin Liliana, die seine Tochter sein könnte und der der verheiratete Mann nachstellt.
Die Komödie von Regie-Veteran Fernando León de Aranoa ist eine ebenso originelle wie raffinierte Satire. Der Film schleicht sich auf leisen Sohlen an und beißt dann umso giftiger zu. Der Humor ist herrlich trocken und Bardem wieder einmal wunderbar wandlungsfähig. Nach seiner Premiere beim San Sebastián Filmfestival erhielt der Film nicht nur sechs Goya-Preise, sondern auch viel Zuspruch vom spanischen Publikum. Das jedenfalls hat sich dieser Patrón redlich verdient!