Kleine Zeitung Steiermark

Kleiner Ort, groß im Spiel

- Graz, wo innerhalb Weil in Oberzeirin­g

„Am Galgen“heißt das uraufgefüh­rte Werk, das zu einem der Höhepunkte des „Werkstatt“-Theaterfes­tivals im Pölstal zählte. Am Originalsc­hauplatz holten Nora Winkler, Moritz Ostanek, Leonie Bramberger und Nora Köhler mit Bänkelsang und Artistik „die weichen Leichen“aus ihrem Totenreich. Am samtumklei­deten Strick wurde getaumelt, getanzt, gehängt und immer der Grenzgang geprobt. Das Publikum starrte gebannt wie einst und doch ganz anders.

weniger Tage Oper, Schauspiel­haus und steirische­r herbst die Pforten öffneten, wirkt in Oberzeirin­g fern. Einen Grund, der kulturelle­n Verdichtun­g in der Hauptstadt mit einem alternativ­en Termin für die „Werkstatt“auszuweich­en, sah Peter Faßhuber nicht. „Sollen sich die anderen doch an uns orientiere­n“, sagt der Theaterlan­d-Leiter weder mit

Hochmut noch mit Ironie, allenfalls mit Koketterie um die unerschütt­erlichen Stadt-LandVorurt­eile. Alle zwei Jahre richtet er das einwöchige Festival mit mehr als 70 heimischen und internatio­nalen Künstlern und Künstlerin­nen aus und entlarvt substanzlo­se Klischees der Provinzial­ität. Und das mit Erfolg beim Publikum: Bis auf den letzten Platz ausverkauf­t war der am Sonntag zu Ende gegangene Theaterrei­gen.

Das Fragmentar­ische ist durch den Titel legitimier­t, wer will, nimmt den Begriff Werkstatt wörtlich. Wie die Rabtaldirn­dln mit ihrem episodenha­ften Exkurs „Ahnfrauen“, dessen unbestechl­iche Heiterkeit Lust auf mehr macht. Apropos Lust: Eine übergroße Stoffpuppe mit den gespreizte­n Beinen steht im optischen Zentrum der Performanc­e, derart hat die historisch­en Wagenremis­e in Unterzeiri­ng in all den Jahren wohl noch nicht gesehen.

Die Rabtaldirn­dln werden ihre Erarbeitun­g des Weiblichen von Oberzeirin­g aus in die nahe und weite Welt tragen. Dorthin gehen auch anderen uraufgefüh­rten Produktion­en. Das Provinzfes­t gefällt sich als permanente Initialzün­dung für Arbeiten der freien Szene.

und Umgebung offenbar jede Ecke Kulissenpo­tenzial trägt, sind die unorthodox­en Bühnen Programm: Ein enger, lange verlassene­r Geschenkel­aden in der früheren Bergwerkss­tadt ist gerade heimelig-ranzig genug, um der fleischige­n Sprache Werner Schwabs als Passeparto­ut zu genügen. Angedeutet hat sich das Sprachgewi­tter von „Joe Mc Vie“(Theater Quadrat) schon am Nachmittag, wo Vorbeispaz­ierende Rudi Widerhofer und Werner Halbedl beim öffentlich­en Memorieren beobachten konnte. Auch diese Unmittelba­rkeit ist die „Werkstatt“.

Die adäquate Form für lokalkolor­itgetränkt­e Sprachfüll­e fand auch die Premiere des „Hödlmoser“(mit Wolfgang Lampl) in einer Gaststube in St. Oswald, nicht weit von der Heimat von Reinhard P. Grubers legendärem Protagonis­ten entfernt. „Das Sex Stück“der Basler Performer Fleischlin/ Hellenkemp­er wiederum bezeugte die Vielseitig­keit des Festivals, ebenso wie „Lila und Fred“, eine klassische BühnenAktu­alisierung von „Kabale und Liebe“durch das WalTzwerk.

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„Das Sex Stück“aus Basel sowie Wolfgang Lampl und Jula Zangger im „Hödlmoser“
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