Wird Dagestan zum Pulverfass für Putin?
Mehr Einberufungen, mehr Tote: Keine andere Region Russlands zahlt einen derart hohen Blutzoll wie Dagestan. Proteste sind die Folge.
Rekruten gejagt. „Ich kenne Dörfer, aus denen sind über hundert junge Männer in die Berge gegangen, um sich zu verstecken“, sagt der Ethnologe Chasan (Name der Redaktion bekannt). In Kabardino-Balkagen, gingen in dem Städtchen Baksan Hunderte Frauen gegen die Mobilmachung auf die Straße. Ein Beamter des örtlichen Kriegskommissariats hätte erzählt, in den Bezirken Baksan und Solsk mit insgesamt 104.000 Einwohnern sollten 600 Männer eingezogen werden. Diese Mobilisierungsrate wäre viereinhalb Mal höher als in Moskau.
In der ostkaukasischen Republik Dagestan gab es Kundgebungen in mehreren Ortschaften, eine Menschenmenge sperrte eine Bundesstraße im Bezirk Babajurt, in der Hauptstadt Machatschkala gingen zwei Tage lang an die tausend Menschen auf die Straße.
Der Unmut dort ist groß. Nach Zählung der BBC sind bis zum 16. September mindestens 301 Dagestaner in der Ukraine gefallen, damit leistete die Republik den höchsten Blutzoll aller russischen Regionen. „Aber das waren Vertragssoldaten, die für Geld kämpften“, sagt der Ethnologe Chasan. „Jetzt werden massenhaft Leute eingezorien
die keinen Krieg führen wollen, das ruft viel mehr Unruhe hervor“.
rechnet jedoch kaum jemand, es gilt als wahrscheinlich, dass die Proteste mit der ersten Einberufungswelle abebben.
Aber nachdem vergangene Woche in der tschetschenischen Hauptstadt Grosny zwei Dutzend demonstrierender Frauen mit grober Gewalt festgenommen worden waren, sah sich Tschetschenenchef Ramsan Kadyrow genötigt, „unsere geliebten und verehrten Mütter“zur Ruhe aufzurufen. Die Republik habe die Mobilisierungsrate schon um „254 Prozent“überfüllt, kein Tschetschene werde mehr eingezogen. Das dürfte Moskau nicht schmecken.