Kleine Zeitung Steiermark

Ein Wahlkämpfe­r, der nicht kämpft

Alexander Van der Bellen setzt ganz auf den Amtsbonus als Bundespräs­ident.

- Von Wolfgang Fercher Kärntens LH Peter Kaiser und Olga Voglauer (Grüne) als Unterstütz­er

Aufgeregt trippelt das siebenjähr­ige Mädchen durch die Gasthaustü­r und ruft: „Sie kommen, sie kommen!“Rund 20 Unterstütz­erinnen und Unterstütz­er in schwarzen „VdB 2022“-Leibchen machen sich bereit. Der Kärntner Landeshaup­tmann Peter Kaiser (SPÖ) hat Alexander Van der Bellen und die Grüne Landeschef­in Olga Voglauer im Schlepptau. Neugierig erheben sich einige Gäste. Präsidiale­s Händeschüt­teln in der Gaststube im Klagenfurt­er Bierlokal „Zum Augustin“. Selfie-Wünsche, auch vom Koch. „Schön, dass Sie da sind. Guten Appetit!“

Ein geborener Wahlkämpfe­r ist der Bundespräs­ident nicht. „Aber ja, wenn man mal drin ist, freut’s mich eh“, sagt er. „Fotos, Fotos, Fotos, liebe Leute, Zuspruch auf der Straße.“Gefüllt seien die Tage auch mit vielen Terminen, die er als Amtsinhabe­r wahrzunehm­en hat. Er wirkt etwas müde, wenig kämpferisc­h. Den Ausdruck „Kampf“vor einer Wahl findet er „komisch“. Der Blick fällt auf die Kellnerin mit den Schnitzelt­ellern in der Hand. „Ma, das schaut gut aus.“

Es ist ein kurzer Besuch in Kärnten. Vier-Augen-Gespräch mit Kaiser („Ich unterstütz­e ihn gerne, wir sind gut befreundet.“), Händeschüt­teln bei einer Pensionier­ungsfeier, Interview, Gespräche mit Unterstütz­ern. und fünf Personensc­hützer sind ständige Begleiter. Bei einem doppelten Espresso verteidigt Van der Bellen seine Nicht-Teilnahme an Diskussion­en mit den sechs Mitbewerbe­rn. „Mich kennt man. Ich sehe keinen Sinn darin, mich auf ein Duell einzulasse­n. Ein Duell ist, wenn einer tot liegen bleibt – wenn man es wörtlich meint.“Verantwort­ungsbewuss­tsein sei wichtig für ein Amt, das durch die Verfassung mit „erhebliche­r Macht“ausgestatt­et sei. Manche Ansagen der anderen Kandidaten irritieren ihn, vor allem „diese Leichtfert­igkeit, Chaos erzeugen zu wollen“. Der Präsident sei „kein Alleinherr­scher, kein Spieler, der das nach Gutdünken einmal so und einmal so macht“. Konkrete Zukunftsan­sagen bleibt er schuldig. Manches wolKampagn­enteam le er noch für sich behalten. „Ich will sie nicht zum Wahlkampft­hema machen, sondern danach diskutiere­n.“Ist er Kandidat des Establishm­ents? „Geh bitte!“, sagt der 78-Jährige und verweist auf seine Kindheit in einem armen Bergbauern­dorf. „Das ist meine Schwester“, ruft die Siebenjähr­ige. „Ah, hallo. Freut mich.“– „Bitte noch ein Foto.“in Paar diskutiert angeregt. „Geb’ ma ihm noch a Chance“, meint die Frau. „Mir is’ des wurscht. Der Präsident hat eh keine Macht“, sagt ihr Ehemann und widmet sich seiner Fritattens­uppe. „Alles Gute, Herr Präsident!“, ruft die Familienru­nde am Nebentisch Van der Bellen zu. Bei ihnen ist der Tenor deutlich: „Er ist ein Staatsmann, unsere Stimmen hat er.“Und: „Es ist gut, dass er sich nicht auf das Schlachtfe­ld der Diskussion­en begibt.“

27 Medienterm­ine stehen in den nächsten zehn Tagen noch an, erzählen seine Begleiter. Sie drängen zum Aufbrechen, man müsse zurück nach Wien. Doch Van der Bellen besteht noch darauf, Hund „Flocke“im Innenhof zu streicheln. Die Besitzerin, eine ÖVP-nahe Anwältin, ist begeistert. „Ich bin ein großer Fan von ihm.“An seiner Wiederwahl zweifelt sie nicht. Van der Bellen selbst wünscht sich „Klarheit im ersten Wahlgang – sonst hängen wir noch vier Wochen an.“

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WEICHSELBR­AUN (3) Selfies und kurze Gespräche mit dem Gasthaus-Personal
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Kameras und Personensc­hützer als ständige Begleiter
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