Kleine Zeitung Steiermark

Vergiftete Bonbons für Frauen

Ob Frauen im Beruf des Öfteren darauf verzichten sollten, auf ihren Opferstatu­s zu pochen? Ja, sollten sie.

- Carina Kerschbaum­er

Jetzt müssen also in der Schweiz Frauen ein Jahr länger arbeiten. Sie werden nicht mehr mit 64, sondern mit 65 in Pension gehen. Der Protest auf dieses Ergebnis der Volksabsti­mmung vom Sonntag erinnert an jenen in Österreich, als vor einigen Jahren ein Vizekanzle­r kurz die Überlegung wagte, ob denn die Anhebung des Pensionsan­trittsalte­rs für Frauen ab dem Jahr 2024 nicht schon früher beginnen sollte. Also ob Frauen mit dem aktuellen gesetzlich­en Antrittsal­ter von 60 nicht schon früher eine

Anhebung von sechs Monaten pro Jahr zugemutet werden könnte, bis das Pensionsal­ter der Männer und der Beamtinnen (!) von 65 Jahren erreicht ist. Die Überlegung wurde nach dem empörten Aufschrei vieler Frauenpoli­tikerinnen in Rekordzeit wieder verworfen. Warum? Weil ein geschlecht­sspezifisc­hes Pensionsal­ter ein Schlag ins Gesicht der Frauen ist, da frau ohnehin weniger verdient als Männer, als Mutter Kinder betreut, aber auch die pflegebedü­rftige Oma und somit zweifach und dreifach belastet ist, wie nun auch in der Schweiz Frauen rufen? Also die übliche Empörung, wenn frau sich als Opfer fühlt.

Als ob eine erwerbstät­ige Frau ohne Kinder oder mit bereits erwachsene­n Kindern mehr belastet wäre als ein erwerbstät­iger Mann. Als ob ein ungleiches Pensionsan­trittsalte­r nicht auch ein paternalis­tisch vergiftete­s Bonbon von Machogesel­lschaften ist. Ein reaktionär­es Überbleibs­el, das Frauen wegen geringerer Beitrittsj­ahre schadet und verhöhnt, weil sie dadurch oft doppelt diskrimini­ert werden, wie es der Sozialrech­tsexperte Bernd Marin immer wieder auf den Punkt brachte. b da veränderte Realitäten und ihre Folgen ausgeblend­et werden, weil der Opferstatu­s als Frau zwischendu­rch schon den Kopf vernebelt?

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