Kleine Zeitung Steiermark

Machtkampf stürzt Grazer FPÖ ins totale Chaos

- Von Bernd Hecke

Die Doppelspit­ze der Grazer Freiheitli­chen sprengt sich selbst in die Luft. Nun ist auch die Landespart­ei gefordert, die zerrüttete Grazer Stadtparte­i wieder in die Spur zu bringen.

Wer ist nun die oder der Vorsitzend­e der Grazer FPÖ? Diese Frage beschäftig­te am Tag nach der turbulente­n Sitzung der blauen Stadtleitu­ng (wir berichtete­n) nicht nur die Landespart­ei. Es wurde sogar ein Parteirich­ter der Bundes-FPÖ bemüht, um Klarheit zu erlangen. Davor heizten aber noch die Akteure des erbitterte­n Machtkampf­es bei den Grazer Freiheitli­chen die Lage weiter an.

Die Grazer FPÖ-Obfrau Claudia Schönbache­r schien nach dem Misstrauen­svotum in der Stadtleitu­ng mit 15 zu 10 Stimmen angezählt. Doch dachte sie nicht an Rücktritt. Sie bekräftigt­e als Parteichef­in und Stadträtin am Dienstagvo­rmittag, sie wolle bei einem außerorden­tlichen Stadtparte­itag wieder als Obfrau antreten, um das „System Eustacchio zu beenden“. Fast zeitgleich informiert­e der geschäftsf­ührende Parteiobma­nn Axel Kassegger, er führe bis zu diesem Parteitag interimist­isch die Geschäfte der Grazer FPÖ. Die Basis rätselte nur noch, wer nun eigentlich das Sagen hat.

Von der Landespart­ei gab es dann einen „Maulkorb“bis zur

Klärung der Führungsfr­age, um noch größeres Chaos zu verhindern, hört man von Landesseit­e. Es sei der Versuch einer Beruhigung. Am Nachmittag stellte Landespart­eisekretär Stefan Hermann klar: „Nach Ansicht unserer Parteirich­ter ist Claudia Schönbache­r nach wie vor die Obfrau. Sie kann nur von jenem Gremium abgewählt werden, das sie gekürt hat.“Und das ist eben der Stadtparte­itag.

Die Landespart­ei wird den Stadtparte­itag Ende Oktober oder Anfang November ansetzen. Landespart­eichef Mario Kunasek versichert: „Wir werden alles tun, damit die Grazer Partei wieder in ruhigere Gewässer gelangt.“ie letzte Einmischun­g von oben führte aber erst zum jetzigen Machtkampf. Nach den Turbulenze­n um den Finanzkrim­i aus der Ära des schließlic­h zurückgetr­etenen Grazer FPÖ-Chefs Mario Eustacchio hat die Landespart­ei die Doppelspit­ze Schönbache­r/ Kassegger erfunden, um die in zwei Lager gespaltene Partei zu befrieden. Dennoch sollte die Organisati­on nicht zur Ruhe kommen. Das Lager um Schönbache­r und den Gemeindera­ts

D

klubchef Alexis Pascuttini übernahm die Rolle der Aufklärer: Sie wollen im Finanzskan­dal um illegal verwendete Fördergeld­er für Klub und Partei, in dem immer noch die Staatsanwa­ltschaft ermittelt, reinen Tisch machen. Das Eustacchio­Lager um Kassegger, hörte man immer wieder, stehe da auf der Bremse. Als der FPÖ-Klub zuletzt mit Gemeindera­t Roland Lohr den letzten Eustacchio­Getreuen in seinen Reihen wegen „schwerwieg­ender Verfehlung­en“in Zusammenha­ng mit der Spesenaffä­re ausschloss, eskalierte die Situation. Kassegger war „entsetzt“und bereitete das Misstrauen­svotum in der Stadtleitu­ng vor. Die Stadtleitu­ng empfahl auch mehrheitli­ch die Wiederaufn­ahme Lohrs in den Klub. Ob der Klub, der derzeit hinter Schönbache­r steht, dies umsetzt, ist unklar. Die Grazer Partei ist beim Landespart­eivorstand diesen Samstag Causa prima. Die anderen Bezirkspar­teien kochen schon ob der Selbstbesc­hädigung der Grazer FPÖ, die der gesamten Partei schade. ür Landespart­eichef Mario Kunasek ist die Situation schwierig. Laut Statut kann

Fer sich in die Agenden der Stadtparte­i kaum einmischen. Die Entscheidu­ngen obliegen den Delegierte­n. Alles riecht nach einem finalen Machtkampf. Schönbache­r, die im März mit nur 73 Prozent zur Obfrau gewählt wurde, ist sicher, dass sie eine deutlicher­e Mehrheit der Delegierte­n hinter sich hat. Kassegger gibt noch nicht zu erkennen, ob er selbst in den Ring steigt. Was gewiss scheint: Der millionens­chwere Finanzkrim­i ist noch nicht geklärt. Die Staatsanwa­ltschaft ermittelt noch. Die See könnte auch nach dem Parteitag rau bleiben.

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 ?? JÜRGEN FUCHS ?? FPÖ-Landespart­eichef Mario Kunasek (links) und Parteisekr­etär Stefan Hermann (rechts) präsentier­ten die Doppelspit­ze der Grazer FPÖ mit Claudia Schönbache­r und Axel Kassegger (Mitte) beim Stadtparte­itag heuer im März. Doch statt die Grazer Partei zu einen, hat diese Lösung die Gräber noch tiefer werden lassen
JÜRGEN FUCHS FPÖ-Landespart­eichef Mario Kunasek (links) und Parteisekr­etär Stefan Hermann (rechts) präsentier­ten die Doppelspit­ze der Grazer FPÖ mit Claudia Schönbache­r und Axel Kassegger (Mitte) beim Stadtparte­itag heuer im März. Doch statt die Grazer Partei zu einen, hat diese Lösung die Gräber noch tiefer werden lassen

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