„Gerade knallt jeder noch was auf die hohen Preise drauf“
Marktforscher Andreas Kreutzer ortet in vielen Branchen Preisanstiege, die höher als echte Teuerung sind.
Wird die hohe Inflation von Unternehmen genutzt, um mehr an der Preisschraube zu drehen als notwendig? Marktforscher Andreas Kreutzer ist davon überzeugt: „Die Inflation hat nicht nur damit zu tun, dass am Beginn der Wertschöpfungskette irgendwo ein Preis steigt, sondern dass jeder Wirtschaftssektor zu den tatsächlichen Erhöhungen, die er selbst hat, noch etwas draufknallt.“Die aktuelle Lage werde zur Erhöhung der eigenen Wertschöpfung genutzt, weil das in den vergangenen Jahren nicht möglich gewesen sei, sagt er. Wer nicht so handle, sei ein schlechter Kaufmann.
Als Beispiele führt Kreutzer Preise für Flugtickets oder Mehl an. Flugreisen seien im Jahresvergleich um 28 Prozent teurer. Das sei „spannend“, weil die Kosten für Kerosin zwar um 26 Prozent gestiegen seien, bei den Gesamtkosten falle Kerosin aber nur mit 24 Prozent ins Gewicht. Auch österreichischer Weizen für Mehl sei noch mit günstigem Dünger großgezogen worden, ärgert sich Kreutzer. Rabatte hat es Kreutzer zufolge nur im Modehandel gegeben.
Man darf auf der MetaEbene nicht übersehen, welche nachhaltigen Schäden mit Schließungen einhergehen.
Im Detail werden seine Beobachtungen schwerlich belegbar sein, weil kaum ein Unternehmen seine Kalkulationen offen legen dürfte. Er selbst erklärt jedenfalls: „Das ist kein Vorwurf, das ist Fakt. Die Welt ist nicht gut.“
Kreutzer prognostiziert dem Handel heuer einen Gesamtumsatz von 73,5 Milliarden Euro. Das wäre ein Plus von fünf Prozent gegenüber 2021 – allerdings ist das nicht um die Inflation bereinigt. 3,7 Milliarden Euro dürften die Konsumenten in Österreich heuer mehr ausgeben, „ohne dafür auch mehr im Einkaufskorb zu haben“, so Kreutzer. Haushalte gäben im Schnitt 760 Euro mehr aus, ohne mehr zu bekommen. Laut der Studie, die Kreutzer für den Handelsverband erstellt hat, greifen drei Viertel der Konsumenten bei Lebensmitteln zu preisgünstigeren Waren, so Handelsverbandsgeschäftsführer Rainer Will. 19 Prozent der Menschen könnten sich nur noch das Lebensnotwendigste leisten. Die Hersteller von Markenartikeln seien dadurch unter Druck, so Kreutzer. Packungsgrößen zu verkleinern bei gleichem Preis sei eine gängige Strategie, um die Umsätze stabil zu halten.
Rainer Will schießt sich indes auf Wirtschaftsminister Martin Kocher und den Energiekostenzuschuss ein, von dem wegen der Kriterien „de facto“kein Händler etwas haben werde. Die EU-Kommission habe eine viel weiter reichende Möglichkeit vorgesehen, die man nutzen müsse. Wer wie das Wifo argumentiere, der Handel könne die Preise erhöhen, übersehe die MetaEbene. Wenn heuer, wie befürchtet, 6.000 Geschäfte schließen könnten, dann verändere das die Ortskerne.