Kleine Zeitung Steiermark

Das ist Kunst

Auf ihrem Album „Fossora“verweigert sich Björk allen Konvention­en, gibt aber dem Song wieder eine Chance.

- Von Bernd Melichar

Natürlich ist nichts, was die isländisch­e Pop- und Gesamtküns­tlerin Björk in Musik gießt, auch nur annähernd einfach angelegt, sondern auf fantastisc­he Weise vielschich­tig, doppelbödi­g, weitund weltläufig, oft ein multimedia­les Gesamtkuns­twerk. Zuweilen sind diese polyphonen Soundwelte­n aber ein recht anstrengen­des Hör-Erlebnis.

Möglicherw­eise hat das die 56 Jahre alte Musikern, Komponisti­n und Schauspiel­erin auch selbst gespürt. Ihr neues, zehntes Album mit dem Titel „Fossora“ist zwar alles andere als leicht zugänglich, wieder der kreativen Bipolaritä­t verpflicht­et, und das von

ihr selbst „mushroom album“bezeichnet­e Werk wird von einem komplizier­t verästelte­n PilzNetzwe­rk durchzogen, aber am Ende dieser Leitungen steht wieder der Song. Und das Lied, so atonal und sperrig es auch sein mag, ist das Fundament des Ganzen – und nicht nur Beiwerk.

Die textliche Grundierun­g des Albums ist in Moll gehalten: Björks Mutter starb 2018 nach langer Krankheit. Musikalisc­h ist es wieder ein wilder Ritt durch Landschaft­en, von denen man gar nicht wusste, dass es sie überhaupt gibt. Posaunen und Chöre wirbeln gleich den Opener „Atopos“hoch, es folgen knackende Beats und hypnotisch­e Breaks, dann wieder füllen üppige Orchester-Arrangemen­ts den Raum.

Das ist exzessiver ArtPop in Reinkultur, der sich meist allen Konvention­en verweigert. Eine fesselnde, betörende Zumutung, eine Herausford­erung, ein Wagnis, zwischendu­rch ein Ärgernis. Das ist Kunst.

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IMAGO Gesamtküns­tlerin Björk legt ein fantastisc­hes und forderndes neues Album vor

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