Lebendiges Erbe der Eisenstraße
In Hans Woschners Maßschneiderei in Leoben werden Bergkittel noch original in Handarbeit hergestellt. In der Kultur des Montanvolks hat des Bergmanns Kleid einen festen Platz.
Text: Christian Penz, Fotos: Jürgen Fuchs
An den Vorgaben für den Schnitt gibt’s bei aller Kreativität nichts zu rütteln: „Der Bergkittel ist die traditionelle Standesbekleidung der Berg- und Hüttenleute, die sich von einer reinen Arbeitskleidung zu einer Bergmannstracht entwickelt hat. In seiner heutigen Form gibt es ihn seit 1890, sein Aussehen ist durch eine ministerielle Verordnung des damaligen Ackerbauministeriums genau geregelt“, erzählt Hans Woschner, der in vierter Generation in Leoben die Bergmannstracht schneidert. Die alteingesessene Maßschneiderei in der Waasenstraße ist die letzte Schneiderei Österreichs, die das schwarze Klei
dungsstück noch original in Handarbeit herstellt: „Von der Knopfgröße bis zum Stehkragen und den Ärmelaufschlägen ist alles exakt vorgegeben. Woschners Kundschaft ist – wie die Leobener Montanisten – auf der ganzen Welt verbreitet, also kommt es schon vor, dass ein Bergkittel zu einem Bergwerk nach Burundi exportiert wird. Geschneidert wird selbstredend auch für Knappenvereine und Bergmusikkapellen. „Wir machen es genau so, dass Schnitt und Form der Nachwelt erhalten bleiben“, fasst der 71-Jährige zusammen.
Stichwort Nachwelt: Das bergmännische Kulturerbe hat sich über die Jahrhunderte entlang der Steirischen Eisenstraße entwickelt. Es wird bis heute in der noch aktiven Bergbauregion um den steirischen „Brotlaib“, den Erzberg, praktiziert und spiegelt die Identität der Region wider. Seit 2018 zählen die Bräuche der Berg- und Hüttenleute der Steirischen Eisenstraße zum immateriellen Unesco-Kulturerbe. „Dazu gehören der Eisenerzer Bergmannstanz, das bergmännische Liedgut, die bergmännische Frömmigkeit praktiziert in den Mettenschichten, die Bergmannsmesse und der Ledersprung bei den Barbarafeiern. Das Verbindende aller Praktiken sind die überlieferten Trachten“, konkretisiert Kornelia
Lemmer vom Verein Steirische Eisenstraße. Die Hochblüte der Bräuche ist im Jahreskreislauf naturgemäß rund um den 4. Dezember, dem Gedenktag der Heiligen Barbara, Schutzpatronin der Bergleute.
Seit 35 Jahren hält der Verein die Tradition des Bergbaus hoch, man zählt 16 Mitgliedergemeinden (u. a. Altenmarkt, Eisenerz, Leoben, Mariazell, Wildalpen). „Die Knappschaftsvereine tragen das Ganze, sie sind die Hauptakteure“, lobt Mario Abl das Engagement der Mitglieder. Seit elf Jahren bekleidet der Bürgermeister von Trofaiach das Amt des Vereinsobmanns. „Die alte Tradition ist unsere Basis, über