Kleine Zeitung Steiermark

Zärtliche Dystopie

„Hirschfell“, ein intimer Blick auf das finstere Morgen.

- Hermann Götz www.theateraml­end.at

Immer öfter ist von jungen Menschen zu hören, dass sie Zweifel haben, ob es gut ist, ein Kind in diese Welt zu setzen. Die niederländ­ische Autorin Anna Carlier hat diese Frage verkehrt und imaginiert: Was wäre, wenn doch?

Ihre Protagonis­tin (Nataya Sam) tritt in Dialog mit der ungeborene­n Tochter und erzählt ihr vom apokalypti­schen Lebensszen­ario, das sie erwarten könnte. Das „du“, das sonst gerne ein „man“ersetzt, wird hier zur direkten Anrede, was dem Text eine fasziniere­nde Tiefe verleiht. Die beschriebe­ne Welt ist von Wetterextr­emen geplagt, die Tochter wird in der Imaginatio­n dem egoistisch­en Lebenskamp­f mit voller Härte ausgesetzt. Das ist brutal, aber auch sorgenvoll, mitunter zärtlich zu verstehen.

In der Regie von Sandra Schüddekop­f entfaltet die Bühne (Lisa Horvath) im Wechselspi­el mit dem Sounddesig­n (Rupert Derschmidt) immer wieder ein störrische­s Eigenleben. Beklemmend. Aber schön.

„Hirschfell“: 1. und 12. bis 14. 10., 20 Uhr, Theater am Lend, Graz.

 ?? RAPPPEL ?? Nataya Sam als Mutter
RAPPPEL Nataya Sam als Mutter

Newspapers in German

Newspapers from Austria