Selbst übers Leben bestimmen
Anneliese Scholz setzt sich im Verein „Selbstbestimmt Leben“für Menschen mit Behinderung ein.
Viele Möglichkeiten gab es damals für Anneliese Scholz (68) nicht. Um genau zu sein, gab es nur eine einzige. Warum? In den 60ern konnten Menschen mit Behinderung eben nur an die Höhere Lehranstalt für Handel in Wien. Und Anneliese Scholz ist eine Frau mit Behinderung. Sie hat eine neuromuskuläre Erkrankung. Das bedeutet, dass ihrem Körper die Kraft fehlt – später sollte sie deswegen auf den Rollstuhl angewiesen sein.
Also zog Scholz nach der Hauptschule kurzerhand von Eibiswald, dem Ort, in dem sie aufwuchs, in die Großstadt. Nach der abgeschlossenen Ausbildung arbeitete sie 40 Jahre lang als Buchhalterin bei den Kreuzschwestern in Graz. Jetzt in der Pension nutzt sie ihr „Know-how“als Kassiererin im Verein „Selbstbestimmt Leben“. Dort setzt sie sich gemeinsam mit anderen Menschen mit Behinderung für die Gleichstellung, die Rechte und die Interessen von Menschen mit Behinderung ein. Heuer feiert der Verein sein zehnjähriges Jubiläum. eit 1972, als Scholz damals nach der Ausbildung nach Graz kam, habe sich vieles verändert für Menschen mit Behinderung. „Aber nicht genug“, sagt Anneliese Scholz. Seit nunmehr 50 Jahren ist sie Rollstuhlfahrerin. „Von den baulichen Barrieren wurden viele, viele ausgelöscht“, weiß sie. Aber die Barrieren im Kopf, die seien teils geblieben: „Nicht immer wird man als vollständiges Mitglied der Gesellschaft angesehen“, sagt Scholz.
Der Verein die Situation
Sarbeitet daran, zu verbessern, gemeinsam mit dem Land Steiermark und anderen Partnern. Dem Motto „Nichts über uns ohne uns“ist man immer treu geblieben. „Es geht darum, dass wir selbst über unser Leben bestimmen wollen“, sagt Anneliese Scholz. Die Zahl der Anfragen sei groß: „Man bekommt mit, wo genau man helfen kann, wo es noch an etwas fehlt.“Themen seien Assistenzen, barrierefreie Informationen, Gebäude und Verkehrsmittel oder auch genügend Geld für Hilfsmittel.
Im Verein kümmert sich Scholz um die Finanzen, also zum Beispiel ums Budget und um die Förderungen. Ihr bedeute die Arbeit sehr viel, sie würde es gar nicht als Arbeit bezeichnen wollen, sondern eher als einen „Beitrag“, betont sie. „Im Verein kann sich jeder einbringen, wir sind ein lustiger Haufen.“In der Pension schätze sie die Gesellschaft, die sozialen Kontakte. „Da kann ich viel Kraft daraus gewinnen.“Abseits des Vereins genießt sie vor allem klassische Musik von Beethoven, Mozart, Händel oder Bach oder verbringt die Zeit mit einem guten Buch. as zehnjährige Jubiläum haben alle Vereinsmitglieder samt Obmann Dietmar Ogris mit Gästen – auch aus der Politik – Anfang September mit einem großen Fest in Graz-Eggenberg gefeiert. „Es war ein schönes Beisammensein, ich glaube das hat vielen gezeigt, dass wir genauso ein wichtiger Part in der Gesellschaft sind“, sagt Scholz.
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