Großer Schritt für einen Österreicher
ANALYSE. Marcel Sabitzers Transfer zu Manchester United ist bemerkenswert. Es ist zwar ein Wechsel auf Leihbasis, aber er spielt in der besten Liga der Welt.
Das Ende einer Übertrittszeit für Fußballprofis weckt manchmal Assoziationen mit der Dramatik eines bedeutenden Matches in der Nachspielzeit mit totaler Offensive auf beiden Seiten. Diesmal gab es überhaupt kein Halten mehr, der Hochbetrieb artete in Hemmungslosigkeit am Spielerschacher-Basar aus.
Mittendrin im aufgeregten Gewühl zur Befriedigung kollektiver Sensationslust steht diesmal auch ein Österreicher. Der Transfer von Marcel Sabitzer zu Manchester United muss, auch wenn es sich „nur“um einen Leihvertrag ohne Kaufoption handelt, als bemerkenswerter Coup betrachtet werden. Der Steirer ist der erste Österreicher, dem diese Ehre zuteilwird.
Von einem Verein engagiert zu werden, der dem Fanaufkommen und dem internationalen Renommee nach zu den Top drei der Welt zu zählen ist, ist eine Auszeichnung. UnitedTrainer Erik ten Hag muss von den Qualitäten des ÖFB-Teamspielers überzeugt sein, sonst würde er ihn nicht in sein Team holen.
Dass der Transfer umgehend mit Einschränkungen (kurzfristiger Ersatz für Christian Eriksen)
verknüpft wird, tut der Bedeutung aus österreichischer Sicht und vor allem aus der Perspektive des Spielers heraus keinen Abbruch. Auch wenn es manche hierzulande gerne hätten: Die Alpenrepublik ist keine Fußball-Großmacht, in der es von bei Weltklubs agierenden Kickern nur so wimmelt.
Trotzdem sind nicht wenige Kommentare, vor allem in den sozialen Foren, von Geringschätzung und Herabwürdigung gekennzeichnet. Sie gehören zu den unablässig grassierenden Hervorbringungen der österreichischen Neidgenossenschaft. In England hingegen wird die Personalie positiv aufgenommen, manche geben sich gar begeistert, darunter auch gewohnt kri
tische Geister wie etwa die United-Legende Rio Ferdinand.
Beim FC Bayern konnte Sabitzer nie richtig Fuß fassen: Julian Nagelsmann, der Trainer, für den der bald 29-Jährige als Wunschspieler galt, gab diesem kaum Gelegenheit, sich zu entfalten. Auf einen vielversprechenden Start in die laufende Saison folgte ein sukzessiver Rückfall in der Einsatzstatistik. Der Annahme, Sabitzer werde auch bei United vorwiegend auf der Bank sitzen, steht sein persönlicher Beweggrund entgegen: Er wechselt, um zu spielen. Und er steht in der Premier League in der Auslage, der stärksten Fußball-Liga der Welt.
Nun bekommt er eine einzigartige Chance bei einem Traditionsklub, der sich seit Jahren auf der Suche nach den großen Zeiten befindet. Unter Trainer Erik ten Hag scheint sich eine Wende anzubahnen. Welche Rolle Marcel Sabitzer dabei spielen kann, wird sich weisen. Die kommenden Monate sollten Aufschluss darüber geben, welcher der beiden Trainer – Erik ten Hag oder Julian Nagelsmann – richtig lag.
Im Blickpunkt, Seite 6