Warum Österreichs Inflation so stark steigt
Gegen den Trend in der Eurozone legt die Inflation in Österreich zum Jahresstart noch einmal kräftig zu. Die Gründe sind auch hausgemacht, betonen Ökonomen.
Der Kampf gegen die hohen Inflationsraten wird seitens der Europäischen Zentralbank fortgesetzt. Mit der Erhöhung um 0,5 Prozentpunkte erreicht der Leitzinssatz in der Eurozone erstmals seit 2008 drei Prozent (siehe unten).
Eine Entwarnung in Sachen Teuerung gibt es seitens der EZB nicht. Auch wenn sich die Steigerungsrate in den vergangenen drei Monaten jeweils eingebremst hat und im Jänner in der Eurozone bei 8,5 Prozent lag – nach 9,2 Prozent im Dezember. Diese Dynamik findet man aber nicht in allen Ländern. So sorgte in Österreich die jüngste Schnellschätzung der Statistik Austria für eine – negative – Überraschung. Wie berichtet, lag die Teuerungsrate im Jänner demnach bei 11,1 Prozent und hat sich nicht abgeschwächt, sondern sogar noch einmal zugelegt. Auf den höchsten Wert seit 70 Jahren. Woher rührt diese Steigerung? Bei der Statistik Austria verweist man auf die im Jahresvergleich abermals kräftig gestiegenen Preise für Haushaltsenergie. Der Ökonom Friedrich Schneider sieht hier auch „Nachholeffekte“. So seien zahlreiche im Vorjahr angekündigte Tariferhöhungen von Strom bis Fernwärme mit Jahreswechsel schlagend geworden. Die Strompreisbremse wirke zwar dämpfend, sagen auch die Statistiker. Die Mehrwertsteuer steige durch die angehobenen Tarife aber dennoch. Hinzu kommen die mit 1. Jänner erhöhten Netzgebühren bei Strom und Gas. Zumindest bei Strom gibt es eine staatliche Abfederung, die wirke sich voraussichtlich aber erst mit März aus.
Bei Erklärungsversuchen für den „verblüffenden Inflationsanstieg in Österreich“, wie es Schneider ausdrückt, und die Diskrepanz zu anderen Ländern spielen aber weitere, auch hausgemachte Faktoren eine Rolle. So heizen die staatlichen Hilfspakete – zur Abfederung der Inflation – aufgrund ihres breiten Empfängerkreises, Stichwort Gießkanne, auf der anderen Seite auch die Nachfrage an. „Großzügige Förderungen haben hier einen Effekt, weil bei stabiler bis steigender Nachfrage wenig Druck auf Produzenten entsteht, aggressive Preissenkungen durchzuführen.“Österreich sei ein Land, das dem Wettbewerb bisweilen skeptisch gegenüberstehe, die Konzentration in einzelnen Wirtschaftssektoren trage ebenfalls zur Preisentwicklung bei, so Schneider.
Die Experten der wirtschaftsliberalen Agenda Austria teilten via Twitter ebenfalls mit: „Zu großzügige Hilfszahlungen für Verbraucher und Unternehmen verschärfen die Teuerung weiter, indem sie die Nachfrage ankurbeln.“Auch das erkläre die deutlich höhere Inflationsrate im Ländervergleich. Zudem verweist man auf die hohen Erzeugerpreise für den Inlandsmarkt.
Oliver Picek, Chefökonom des gewerkschaftsnahen Momentum-Instituts, machte Österreichs Inflationsdilemma in einem Gastkommentar in der „Presse“wiederum am Umstand fest, dass hierzulande – anders als etwa in Frankreich und Spanien – keine Preisbremsen, etwa für Wohnen, Heizen und Essen, eingezogen wurden. Diese könnten „Preise aber zielgenau dort senken, wo die Teuerung am stärksten zuschlägt“. Statt Preisbremsen setze die Regierung auf die milliardenschwere Gießkanne, so die Kritik.