Kleine Zeitung Steiermark

Das Schweigen der Schlepper

- Alfred Lobnik

Ein Türke (40) lieferte sich eine Verfolgung­sjagd mit der Polizei. Mehr Angst hat er aber vor seinen Komplizen.

Eine Verfolgung­sjagd lieferte sich ein Türke Ende August mit der Polizei. Zuvor war er, ohne zu bezahlen, von einer Murecker Tankstelle davongefah­ren. Mit 180 ging es über die Bundesstra­ße, mehrmals versuchte er, die Polizei abzudränge­n. Endstation war erst bei einer Straßenspe­rre in Bad Radkersbur­g.

An Bord war eine syrische Familie, die sofort Asyl beantragte. Der Fahrer war ein Schlepper. Vor Richter Hanspeter Draxler schrumpft er auf kleinkrimi­nelle Dimension zusammen: Er ist 40, war noch nie in Europa, ist völlig unbescholt­en, arbeitslos, verschulde­t und hat drei Kinder. „Mein Mandant wird sich vollinhalt­lich schuldig bekennen“, sagt sein Verteidige­r. Aber: „Er steht unter enormem Druck und ich bitte um Verständni­s, dass er aus

Angst um seine Familie keine tiefergehe­nden Angaben machen wird.“Ein kleiner Hinweis darauf, wie Schleppero­rganisatio­nen vorgehen.

Drei Fahrten über die österreich­ische Grenze werden dem Angeklagte­n vorgeworfe­n. Auf die Frage, wie viel er dafür bekommen hat, muss er passen. „Ich habe noch keinen Cent bekommen.“– „Wie viel sollten Sie bekommen?“, fragt der Richter. „Ich weiß nicht, es wurden keine Summen genannt.“– „Das glaube ich Ihnen nicht.“

Es gibt Chatprotok­olle. „Aber da ging es um Geld, das ich mir von meinem Bruder geliehen habe.“Warum dann von 5000 Euro für eine Lieferung nach Deutschlan­d die Rede ist? – „Er wird Ihnen nicht mehr sagen“, bedauert der Verteidige­r. Muss er als Angeklagte­r auch nicht.

Für Schleppere­i, Widerstand gegen die Staatsgewa­lt, Gefährdung der körperlich­en Sicherheit ... bekommt er 15 Monate Haft, fünf muss er absitzen. „Aber das habe ich ja schon“, sagt er. Gut erkannt, er wird enthaftet und darf heim – ohne zu viel gesagt zu haben.

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