Der Fußball und sein neuer Friedensfürst
Johann Gartner ist der interimistische ÖFB-Präsident. Der Niederösterreicher begibt sich auf eine Österreich-Tour und will dem neuen Chef den Weg ebnen.
Lammfromm ist nur eine Wortkrücke für das Auftreten und Verhalten der am Freitag in Graz versammelten Teilnehmer an der Tagung des ÖFB-Präsidiums. Zur Veranschaulichung der Atmosphäre hätte sich das Büßerhemd als Teamdress förmlich aufgedrängt. Wo bis vor Kurzem noch bei bloßer Erwähnung des Reizworts ÖFB die gnadenlose Konfrontation lauerte, herrschte plötzlich Harmonie. Sogar die Dauer der im Krisenmodus vereinbarten Zusammenkunft artete nicht in Überlänge aus. Nach 130 Minuten wurde das Match abgepfiffen, in aller Freundschaft. Auch eine Entscheidung ist gefallen. Der Niederösterreicher Johann Gartner wurde zum Interimspräsidenten gewählt, einstimmig.
Die Gräben waren tief, es gab zwei rivalisierende Lager, die einander scheinbar unversöhnlich gegenüberstanden. Auf der einen Seite
die Hardliner, Gerhard Götschhofer (Oberösterreich), Herbert Hübel (Salzburg) und Josef Geisler (Tirol). Das andere Lager verstand sich selbst als gemäßigte Fraktion, wurde aber verdächtigt, jegliches Fehlverhalten unter den Teppich zu kehren. Die Scharfmacher siegten. Gerhard Milletich warf entnervt das Handtuch, er fühlte sich dem Druck nicht mehr gewachsen. Die Attacken aus dem Präsidium hatten sich bis zum Vorwurf möglicher Korruption ausgeweitet, und es roch nach Intrige, weil der Angriff von innen heraus erfolgte. Das öffentliche Erscheinungsbild des mit Abstand größten österreichischen Sportverbandes war verheerend. Der Fußball hatte nicht einfach gelitten, er war auf der Funktionärsebene nicht einmal mehr präsent. Dies wurde offenbar erkannt und als Auftrag für eine Offensive der Vernunft verstanden.
Schon vor Beginn der Sitzung gab es Signale der Entspannung. „Friede“, sagte Herbert Hübel zum steirischen Verbandschef Wolfgang Bartosch, dieser schlug ein. Götschhofer und Bartosch nahmen nach langer Blockade wieder bilaterale Verhandlungen auf, und diese Konsenspolitik prägte dann auch dem Vernehmen nach die gesamte Sitzung. Johann Gartner, mit 71 Jahren der Älteste des Gremiums, war letztlich unumstritten. Der Mann aus dem Weinviertel wird eine Österreich-Tour in Angriff nehmen. „Ich möchte alle Präsidenten und Geschäftsstellen besuchen. Ich will wissen, was ihnen am Herzen liegt.“
Der Niederösterreicher versteht sich als Kommunikator, der einerseits dem künftigen Präsidenten den Weg ebnen will und andererseits versuchen wird, das arg ramponierte Image des mit Abstand größten Sportveragierten
bandes Österreichs aufzupolieren. „Es herrscht Betroffenheit“, schilderte Gartner die Stimmungslage im Präsidium. Im Verlauf des Nachmittags wurden viele Themen aufgearbeitet. Er weiß, dass zwei Stunden nicht genügen, um alles auszuräumen. „Die Frage ist, was müssen wir unternehmen, um in der Öffentlichkeit wieder besser dazustehen? Die Strukturen passen, aber es wurde nicht richtig gelebt“, sagt Gartner. Der neue Fußballchef wird nicht den eigenen Reihen entstammen, das Thema hat sich erledigt. „Er wird zu 99 Prozent von außen kommen.“as Anforderungsprofil wird in den kommenden Wochen erarbeitet. Jedenfalls muss der künftige Präsident Zeit haben, was nicht zwangsläufig auf einen Pensionisten
Dhinausläuft. Man werde sich für die Klärung der Personalie auch Zeit lassen, keine unnötige Hektik an den Tag legen. Im März wird das Präsidium wieder zusammentreffen. Dann könnte die Vorgangsweise bei der Wahl des Präsidenten festgelegt werden. Im Sommer sollte die Kür erfolgen. uch der Zwist in der operativen Abteilung des ÖFB war Thema. Sowohl Generalsekretär Thomas Hollerer als auch Bernhard Neuhold, Geschäftsführer der Wirtschaftsbetriebe, waren zugegen. War darüber spekuliert worden, dass einer der beiden womöglich gehen müsse, kam es auch hier zu einer Lage-Beruhigung. Gartner versicherte, dass beide dem ÖFB erhalten bleiben.
A
Sonntag
LASK – Austria Klagenfurt 18 Uhr Raiffeisen-Arena Pasching, Ciochirca, ORF 1 live.
Halbfinale: 4. bis 6. April.
Finale: 30. April oder 1. Mai in Klagenfurt.