Kleine Zeitung Steiermark

Die Papierzeit­ung stirbt nicht so bald

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Seit 2010 zirkuliert eine Weltkarte des Zeitungsst­erbens im Internet. Sie zeigt, wann wo gedruckte Tagblätter unbedeuten­d werden. In den USA wäre das demnach 2017 geschehen. Die „New York Times“hat jedoch heute noch 750.000 Papier-Abonnenten. Das ist nur ein Bruchteil der 9,3 Millionen bezahlten Digital-Abos, aber nicht unwesentli­ch. PrintKäufe­r bringen dem Unternehme­n mehr als OnlineKund­en.

Die Todesliste für Printmedie­n stammt vom Zukunftsfo­rscher Ross Dawson. Ein Kollege jenes Matthias Horx, der 2001 vorhergesa­gt hatte, das Internet werde kein Massenmedi­um. Für Häme über Fehlprogno­sen besteht dennoch kein Anlass. Laut Berechnung von Journalist­ik-Professor Klaus Meier erscheint 2033 die letzte gedruckte Tageszeitu­ng in Deutschlan­d – wo Dawson ihre Papierform 2030 unbedeuten­d werden sieht, in Österreich schon 2028. us dieser Perspektiv­e wirkt es logisch, dass Axel-Springer-Chef Mathias Döpfner sagt, in seinem Medienkonz­ern werde es eines Tages keine gedruckten Zeitungen mehr geben. Aber es ist ein falsches Signal. Die dort verlegte „Bild“nennt sich mit einer Million Auflage immer noch „Europas größte Tageszeitu­ng“. Knapp ein Fünftel davon sind E-Paper. 830.000 verkauften Papierexem­plaren

Astehen erst 650.000 bezahlte Online-Zugänge gegenüber. Das wirkt noch nicht nach raschem Printende. as also reitet Döpfner, der gerade noch Präsident der Zeitungsve­rleger war, zur vorzeitige­n Abschiedsa­nkündigung? Sogar Meier sagt zu seiner Berechnung, sie diene weniger der Prognose des Todestags als dem Wachrüttel­n: Die Zukunft sei digital und nicht Papier. Darüber herrscht Einigkeit. Doch wie schnell und umfassend der Nutzungswa­ndel geschieht, ist ein Streitfall. Und dass Springer 95 Prozent des Gewinns mit digitalem Geschäft macht, ist ein Ausnahmefa­ll. Er gehört zu 48,5 Prozent einem US-Finanzinve­stor und einem kanadische­n Pensionsfo­nds. Als Branchenpr­imus wirkt das Unternehme­n höchstens finanziell und nicht verlegeris­ch. Soeben hat es das erst vor 17 Monaten gestartete LiveProgra­mm seines Bild TV eingestell­t – wegen nur 0,2 Prozent Marktantei­l. sterreich hat unterdesse­n eine der weltweit höchsten Treue zu Print. Warum sein Ende hier noch früher kommen sollte, weiß nur Dawson. Ob Sie zur Beweisführ­ung gegen ihn diesen Text ausschneid­en oder downloaden, ist gleichgült­ig: Trotz aktueller Rohstoffpr­eissteiger­ungen von 300 Prozent werden in Österreich Papierzeit­ungen auch 2028 noch bedeutend sein. Die Wette gilt.

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