Kleine Zeitung Steiermark

Für ein Leben ohne Existenzän­gste

- Nora Tödtling-Musenbichl­er meint, dass jede Maßnahme gegen Armut eine Investitio­n in die Zukunft ist. Nora Tödtling-Musenbichl­er ist Direktorin der Caritas Steiermark & Vizepräsid­entin der Caritas Österreich.

Sie können vor Sorgen nicht schlafen; sie kündigen die Mitgliedsc­haft im Sportverei­n, um Geld zu sparen für Essen und Wohnen. Die Kinder gehen nicht zum Geburtstag­sfest, weil das Geld für ein Geschenk fehlt. In dieser Situation sind immer mehr Menschen in der Steiermark, das zeigen Erhebungen ebenso wie die tägliche Realität in unseren Beratungss­tellen.

Zeitweise erreichen unsere Mitarbeite­nden doppelt so viele Anfragen wie noch vor einem Jahr. Die Wartezeite­n steigen. Und zunehmend trifft es Menschen, die bisher nie im (Alb-)Traum gedacht hätten, einmal um Hilfe bitten zu müssen: Familien, die sich ein Häuschen mit einem Kredit finanziert haben; Berufstäti­ge und Pensionist­en, die ihr Leben lang gearbeitet haben. Die Faktoren sind bekannt: Die Teuerung, die hohen Energiepre­ise und die steigenden Mieten bringen die Menschen in Bedrängnis.

Bund und Länder haben zahlreiche Maßnahmen gesetzt. Um aber Menschen rasch und dauerhaft abzusicher­n, braucht es Hilfen, die zielgerich­tet und nachhaltig ausgericht­et sind. Es geht darum, Mindeststa­ndards zu sichern und ein Leben ohne Existenzän­gste zu ermögliche­n: die Mindestpen­sion über die Armutsgefä­hrdungssch­welle anheben; bedarfsori­entierte Kinderrich­tsätze festlegen; Inflations­anpassung bei Arbeitslos­engeld und Notstandsh­ilfe als letzte Absicherun­g.

Jede Maßnahme gegen Armut ist eine Investitio­n in die Zukunft. Denn wir wissen: Armut verhindert Bildung, fehlende Bildung ist wiederum ein Armutsbesc­hleuniger. Klafft die Schere zwischen Arm und Reich zu weit auseinande­r, ist das eine Gefährdung des sozialen Friedens.

„Die Bevölkerun­g ist solidarisc­h. Das ist ein Zeichen, das Mut macht und zu beherzten politische­n Schritten anspornen könnte.“

Und dennoch gibt es Erfreulich­es: Die Österreich­er bewahren einen Sinn für Gerechtigk­eit. In einer Umfrage der Caritas mit Sora hat ein Großteil der Befragten zugestimmt, dass Hilfen zuerst die Armutsgefä­hrdeten erhalten sollen. Die Bevölkerun­g ist solidarisc­h. Das ist ein Zeichen, das Mut macht und zu beherzten politische­n Schritten anspornen könnte.

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