Warum ich laut und deutlich Ja dazu sage
Ein Raum mit gemütlichen Sofas und Pölstern, leckerer Kuchen, Saft und farbenfrohe Girlanden, die von der Decke hängen. Eine schillernde, glitzernde Figur, die aus bunten Büchern Geschichten über tanzende Schwäne erzählt, während Kinder und Eltern gebannt lauschen. Wenn Sie die Veranstaltung durch die Augen eines Kindes sehen, dann sehen Sie eine bunt kostümierte Figur, die Kinderbücher vorliest. Werke, in denen es darum geht, dass sie einfach sie selbst sein dürfen. Dass sie es verdient haben, glücklich zu sein, auch wenn sie anders sind. So einfach könnte es sein. Doch die Figur ist keine Zirkusdarstellerin, kein Zirkusdarsteller, sondern eben eine Dragqueen – das ändert für einige Menschen alles.
Als diplomierte Kleinkindpädagogin kann ich die Aufregung nicht nachvollziehen. Stattdessen sehe ich die Unbedenklichkeit der Veranstaltung wie auch führende Kinderpsychologen – darunter Michele
Borba, die auch Buchautorin ist, oder Michael Kröger, Referent für Sexualpädagogik in Bayern. Doch Kritiker unterschätzen Kinder und ihre Entwicklung
anscheinend, wie ein kurzer Blick in die Entwicklungspsychologie zeigt, denn das Thema Identität beschäftigt Kinder schon ab zwei Jahren. Sie sind Erforschende ihrer Selbstwahrnehmung und setzen sich dabei auch stark mit ihrer Umwelt auseinander, aber vor allem damit, ihren Platz in der Welt zu finden. Je mehr Arten zu leben sie kennen, desto einfacher können sie entscheiden, wie sie sich wohlfühlen.
Es geht darum, die Angst davor zu nehmen, nicht dazu zu passen oder nicht akzeptiert zu werden. Aber auch um die Akzeptanz der Andersartigkeit von Mitmenschen. Kinder können selbst entscheiden, wer sie sein möchten. Das wird von Dragqueens genauso wenig verwirrt wie von Darstellerinnen und Darstellern im Kindertheater, im Zirkus oder zu Fasching. Wenn ein Junge lieber ein Kleid anziehen möchte, dann möchte er das ohne Zutun einer Dragqueen genauso. Doch mit ihr wird ihm nur gezeigt, dass er sein darf, wie er ist – und damit nie alleine ist. Wer nun also ein Verbot von Kinderbuchlesungen durch Dragqueens fordert, tut das nur für die eigene Weltanschauung. Oder schlimmer, aus reinem Populismus.