Warum ich leises Unbehagen verspüre
Nach Wiener Vorbild lesen heute auch Dragqueens in Graz aus Kinderbüchern. Die Grünen stellen dafür ihre Parteizentrale zur Verfügung. ÖVP und FPÖ reagieren mit Kritik. Die Folge ist eine wilde Debatte – darüber, ob es sich bei der Aktion um frühkindliche
Zuletzt hatten Kinderbuchlesungen von Dragqueens in Wien für Aufregung gesorgt: Demos waren die Folge – der Tenor: Es würde sich dabei um eine „inakzeptable Frühsexualisierung“handeln.
Die Debatte hat seit Tagen auch die steirische Landeshauptstadt erfasst, weil die Grazer Dragqueen Gloria Hole eine ähnliche Lesung organisierte. Sie geht heute um 16 Uhr mit Unterstützung von anderen Dragqueens über die
Bühne – in der Parteizentrale der Grünen in Graz. Grund für diese Örtlichkeit war, dass sich die Organisatorinnen bei der Suche nach der Location schwertaten – laut eigenen Angaben fanden sie keine Räumlichkeiten.
Das wiederum heizt die Diskussionen nur weiter an: Die Grünen freuen sich über ein binnen zwei Tagen ausgebuchtes Haus, die ÖVP zeigt sich kritisch, die FPÖ überhaupt ablehnend.
Heute soll also eine Dragqueen namens „Gloria Hole“eine Kinderlesung abhalten. Die Grazer Grünen stellen die Räumlichkeiten zur Verfügung, Vizebürgermeisterin Judith Schwentner unterstützt dieses Ereignis ausdrücklich und macht dafür Werbung: „Für Snacks und Getränke ist gesorgt.“Auf die Frage auf Social Media, warum die Lesung von einer Dragqueen durchgeführt werden soll, antworten die Grünen mit einer Gegenfrage: „Warum nicht? Darf sie keinem Kind vorlesen?“
Doch die Frage ist nicht, ob sie es darf, sondern ob sie es soll. Meine Antwort: Nein, sie sollte es nicht. Und zwar aus mehreren Gründen. Der wichtigste: Hier geht es eben nicht darum, Kindern eine Geschichte vorzulesen, sondern ganz offensichtlich wird eine zusätzliche Botschaft zu vermitteln versucht. Nämlich jene, dass es völlig normal sei, als Mann in Frauenkleidern und bemalt mit greller Schminke öffentlich vor Kindern aufzutreten. Es geht nicht um das Vorlesen, sondern um die Botschaft: Dragqueens sind absolut in Ordnung.
Das sind sie grundsätzlich auch. Niemand
wird bezweifeln, dass es Menschen gibt, denen es Freude macht oder ein Bedürfnis ist, sich zu verkleiden. Ob es aber erforderlich ist, kleine Kinder mit diesem Aspekt des Menschseins zu konfrontieren, möchte ich bezweifeln.
Manch einer wird jetzt sagen: Niemandem wird geschadet. Aber das ist nur eine Behauptung. Kinderpsychologen sehen das durchaus kritisch. Wenn man trotzdem der Meinung sein sollte, dass man das Kindern zumuten könne, stellt sich die Frage: Cui bono? Wem soll es nützen? Ich meine, hier werden politische Ziele, also die Interessen von Erwachsenen, über die Interessen des Kindes nach einer altersadäquaten Konfrontation mit Themen von Geschlechtlichkeit gestellt. Ich würde sogar noch weiter gehen: Das Kindeswohl ist den Veranstalterinnen und Veranstaltern völlig egal. Ein anderes Argument wird lauten: „Hier geht es bloß um die Vermittlung der Idee von Toleranz!“Eine hehre Absicht. Aber bedarf es dazu einer Konfrontation mit einer Dragqueen?
Jeder möge diese Fragen für sich beantworten. Mein Gewissen sagt mir: Diese Lesung braucht wirklich niemand.