Die doppelte WM hat den Zauber verloren
Tampere ist nach 2022 erneut Gastgeber der Eishockey-WM. Ein lukratives Geschäft, aber die Fans bleiben fern. Auch aufgrund der Inflation.
Auf der Hämeensilta-Brücke sind die Bronzestatuen wieder in blauen Trikots der finnischen EishockeyMannschaft gekleidet. Oder vielleicht noch immer. Erneut gastiert die Eishockey-Weltmeisterschaft in der Universitätsstadt, eineinhalb Autostunden von Helsinki entfernt. Also dort, wo im Vorjahr die Leijonat, wie der amtierende Weltmeister Finnland bezeichnet wird, ihren großen Triumph gefeiert hatte. Der andere Spielort ist Riga (Lettland).
Noch immer ist in Tampere der PR-Slogan „Home of Hockey“, ein Relikt des vergangenen Spektakels, zu erkennen. Er wirkt vertraut, strahlt Ruhe aus, sorgt für gute Erinnerungen. Auch aus rot-weiß-roter Sicht nach dem geschafften Klassenerhalt. „We live the Game“, der neue Spruch, wirkt hingegen hölzern und verkrampft (passend zur Spielweise der Österreicher). Und wenn man genauer hinsieht, widerspricht er der Situation in der Stadt. Das Eishockey-Fest findet, abgesehen von Spielen der Suomi, bisher nicht in jenem Ausmaß statt.
Nur vereinzelt bummeln Fans anderer Nationen durch die Straßen. Die wirtschaftliche Situation in Europa sowie das Déjà-vu mit Tampere dürfte die Reisefreudigkeit deutlich gedämpft haben. Auch die rotweiß-rote Anhängerschaft präsentiert sich zwar stimmgewaltig, aber merklich reduziert. Gerhard und Christoph, zwei der treuesten Fans, verzichteten. „Die Flüge, die Unterkunft, das Essen und natürlich das
Bier – es ist alles teurer geworden. Finnland war letztes Jahr ganz cool. Aber heuer lassen wir es aus Kostengründen aus“, erklären sie. Nachsatz: „In Tschechien sind wir natürlich wieder dabei.“Sofern Österreich den Klassenerhalt schafft. um Teil schlägt die Teuerung voll durch. Einen international zuverlässigen Gradmesser bildet Gerstensaft. Im 0,4-Liter-Becher kostet er mittlerweile satte 9,60 Euro – eine Erhöhung von fast 10 Prozent zum Vorjahr. Ähnliches gilt für den halben Liter des GinGrapefruit-Gemischs Lonkero.
Z„Das ist alles Wucher“, findet sogar Toni aus Hämeenlinna. Abseits des üblicherweise teuren Alkohols sorgen die Preise aber für eine Überraschung. Restaurants bieten „all you can eat“-Mittagsbuffets zwischen 10 und 14 Euro. Und auch in den Supermärkten bekommt man nur noch aufgrund der Klimaanlage Gänsehaut. Hier dürfte die Politik die nötigen Hebel ergriffen haben. Zumindest muss aber in Finnland nicht aufgerundet werden. Bargeld, offensichtlich ein Symbol von Schwarzgeld und Korruption, findet hier praktisch keine Verwendung. Trinkgeld sorgt beim Personal für verstörende Blicke.
Zurück zum Eishockey. Der Zauber der WM wirkt gehemmt. Die kühlen Temperaturen, der Sprühregen der letzten Tage fegen die Straßen leer. Zudem schrecken die horrenden Preise bei den Tickets und in den Hallen ab. Karten-Pakete inklusive Spiele der Finnen kosten ab 200 Euro pro Kopf und Nase. Das ist den Einheimischen, ohnehin einiges gewohnt, selbst hier zu teuer geworden. or allem, weil der Glamour-Faktor, die ganz großen Stars, fehlt. Seitens der Organisatoren verweist man hingegen darauf, dass die Preise vereinzelt sogar gesenkt wurden: „Nur bei den Schweden-Spielen mussten wir aufgrund der hohen Nachfrage erhöhen. Damit sich das Publikum ein wenig verteilt“, erklärt OK-Chef Jaako Luumi. Die Antwort der Schweden? Sie kamen nicht, die „gelbe Gefahr“verzichtet auf die Abzocke.
Finnische Medien berichteten bereits 2022 von den teuersten WM-Tickets aller Zeiten. Luumi beschwichtigt: „Da ging es um die teuersten Kategorien.“Mittlerweile wurde die Strategie geändert. Die Karten werden auch einzeln verscherbelt. Und: Schulkinder wurden bereits zu Partien, die keinen Publikumsmagneten darstellen (Frankreich, Dänemark, Österreich, Ungarn), eingeladen. Nur zwei Spiele waren schon lange ausverkauft. Klarerweise die Begegnung gegen Schweden
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