Kleine Zeitung Steiermark

Essstörung­en und andere radikale Ideen

Mit „Club Zero“glückt Filmemache­rin Jessica Hausner eine kühle, böse Satire. Hauptdarst­ellerin Mia Wasikowska besticht im österreich­ischen Wettbewerb­sbeitrag als tückische Lehrerin einer Eliteschul­e.

- Bald geraten

sei nicht hungrig – eine offensicht­liche Lüge. Ihre Mutter schickt die Bedienstet­e erleichter­t zurück. So müssen sich beide nicht mehr heimlich im Badezimmer die Seele aus dem Leib kotzen.

Ms. Novaks Schülerinn­en und Schüler ernstlich in Gefahr. Es ist die Mutter eines Stipendiat­en aus armen Verhältnis­sen, die diese Gefahr als erstes auch an der Schule benennt, doch die reagiert wie einige Eltern viel zu langsam. Letztlich wird die Lehrerin von der Schule verwiesen, weil sie mit einem Schüler privat in der Oper war. Doch zu diesem Zeitpunkt ist ihr Teufelswer­k längst verrichtet.

Jessica Hausner ist mit ihren Arbeiten seit ihrem ersten Langfilm „Lovely Rita“2001 Stammgast beim Filmfestiv­al von Cannes, auch „Hotel“, „Lourdes“und „Amour Fou“feierten hier Premiere. Der subtile Sci-Fi-Horror „Little Joe“lief 2019 im Wettbewerb, Emily Beecham wurde als beste Darsteller­in ausgezeich­net. Hausner selbst saß 2021 auch in der Wettbeund

Die Wiener Regisseuri­n

werbsjury, in jenem Jahr, in dem die Französin Julia Ducournau für ihren aufsehener­regenden Körperhorr­orfilm „Titane“ausgezeich­net wurde; Ducournau ist heuer Mitglied der Jury, Jurypräsid­ent ist der schwedisch­e Regisseur Ruben Östlund.

ist Jessica Hausner eine kühle, böse Satire geglückt auf Menschen, die jeglichen Bullshit-Detektor verloren haben – oder ihn noch nicht ausbilden konnten. In architekto­nisch wertvollen Settings kommen die zahlreich geäußerten Plattitüde­n noch besser zur Geltung, die Kostüme mit ihrem ganz eigenen Farbschema spielen mit Verfremdun­gseffekten, aber eben auch mit der Austauschb­arkeit – Kostümbild­nerin ist Tanja Hausner, die Schwester der Regisseuri­n.

Hausners Film zeigt, wie wenig es braucht, um Menschen auf gefährlich­e Abwege zu führen: Die Essstörung steht hier sinnbildli­ch durchaus auch für andere radikale Ideen, denen junge Menschen verfallen können. Ein Film weniger über das Essen also als über die Moral, mit Elementen von Thriller und Horror, der zeigt, wie alles in sein Gegenteil verkehrt werden kann.

Mit „Club Zero“

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AFP AP, FILMLADEN Zum sechsten Mal mit einem Spielfilm in Cannes: Jessica Hausner (50), hier mit ihren Stars Luke Barker und Mia Wasikowska
 ?? ?? Julia Ducournau, 2021 mit „Titane“siegreich, sitzt heuer in der Jury Unten:Mia Wasikowska in einer Szene von „Club Zero“
Julia Ducournau, 2021 mit „Titane“siegreich, sitzt heuer in der Jury Unten:Mia Wasikowska in einer Szene von „Club Zero“
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