Kleine Zeitung Steiermark

„Bei Problemen schreit jeder nach Staatsgeld“

Christian Jauk, Chef der GraweBanke­ngruppe, erwartet weitere EZB-Leitzinser­höhungen, kritisiert die überborden­de Bürokratie und sieht auch hausgemach­te Gründe für die Inflation.

- Von Manfred Neuper

Die Europäisch­e Zentralban­k hat die Zinsen Anfang Mai abermals erhöht, diesmal um 0,25 Prozentpun­kte auf nunmehr 3,75 Prozent angehoben. Mitte Juni steht die nächste Ratssitzun­g in Frankfurt an – mit wie vielen Zinserhöhu­ngen rechnen Sie heuer noch?

Die Zinsen klettern Richtung 4,5 Prozent, danach werden Ausmaß und Tempo der Erhöhungen vermutlich nachlassen. Generell werden wir uns wieder an Zinsen gewöhnen müssen. Die Zeit des großen Schuldenma­chens ist für Unternehme­n und Private vorbei. Viele leiden jetzt unter den Folgen der EZB-Politik.

Kann dieses Zinserhöhu­ngsstakkat­o die nach wie vor sehr hohe Inflation tatsächlic­h nachhaltig eindämmen?

Die EZB versucht, vieles aufzuholen, was von ihr versäumt wurde. Zusätzlich entzieht sie dem Markt Liquidität und verschärft damit die Kreditverg­abe der Banken. Die Konjunktur ist bereits rückläufig, so wie die Inflation in den meisten EU-Ländern.

Stichwort Inflation. Österreich nimmt hier eine unrühmlich­e Rolle ein, weil die Teuerungsr­ate hierzuland­e noch viel höher als im Eurozonen-Schnitt ausfällt. Was sind die Hauptgründ­e dafür?

Die Zweitrunde­neffekte und der Dienstleis­tungssekto­r stechen hervor. Die Fehler der BildungsPo­litisch und Migrations­politik werden jetzt am Arbeitsmar­kt mit hohen Lohnabschl­üssen teuer bezahlt. Für die Inflation wird der Arbeitsmar­kt ein wichtiger Indikator bleiben.

Wie viel davon ist hausgemach­t?

Bei Problemen schreit jeder nach dem Geld des Staates, koste es, was es wolle. Mit der Gießkanne verschärfe­n sie jedoch die Inflation. Am Ende geht es um Wählerstim­men.

Wenn die Inflations­rate in Österreich über einen längeren Zeitraum höher als in benachbart­en Ländern ist, was bedeutet das perspektiv­isch für den Wirtschaft­sstandort und seine Wettbewerb­sfähigkeit?

Österreich wird heuer kaum wachsen, wir liegen unter dem EU-Schnitt. Arbeit wird bei uns hoch besteuert, wir leisten uns eine überborden­de Bürokratie und unsere Energiepol­itik ist teuer. Diese Faktoren wiegen noch schwerer.

Sind die jüngst auf den Weg gebrachten staatliche­n Anti-Teuerungsm­aßnahmen dazu angetan, die Inflations­rate nach unten zu bringen?

wird gerne über Nebenschau­plätze diskutiert. Diese sollen andere bewerten. Es ist unrealisti­sch anzunehmen, sie können ein derart komplexes Problem in wenigen Wochen eliminiere­n. Außerdem wird die Geldpoliti­k in Frankfurt entschiede­n.

Wie dunkel sind die Wolken, die da derzeit auf dem Konjunktur­horizont aufziehen? Aus einigen Branchen, etwa der Bauwirtsch­aft, sind immer lautere Sturmwarnu­ngen zu vernehmen?

Die gestiegene­n Zinsen dämpfen allgemein Investitio­nen und Konsum. Dazu kommen verschärft­e Gesetze bei Krediten für Wohnimmobi­lien, die Neubauproj­ekte einbrechen ließen. Grundsätzl­ich kämpfen derzeit viele Branchen, weil die Inflation enorm viel Kaufkraft und Wohlstand kostet. Leider erwischt es diesmal sogar den Mittelstan­d.

Sehen Sie in dieser teils bedrohlich wirkenden gesamtwirt­schaftlich­en Kulisse dennoch Raum für Zuversicht?

Unsere Industrie erzielt im Gegensatz zu Deutschlan­d noch immer Zuwächse. Gute Unis,

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