Kleine Zeitung Steiermark

Wo Gartenmöbe­l am Dorfplatz landen

Gegenständ­e am Dorfplatz, Männer aus Stroh – viele Pfingstbrä­uche sind in den vergangene­n Jahren verschwund­en, in Weinburg am Saßbach hält man sie am Leben.

- Von Johann Schleich

In der Nacht vom Pfingstsam­stag auf den Pfingstson­ntag ist man in vielen Orten gut beraten, wenn man alle Türen und Tore versperrt und keine Gegenständ­e vor dem Haus liegen lässt. In Weinburg am Saßbach ziehen zu später Nachtstund­e die jungen Burschen und Mädchen der Dorfgemein­schaft durch den Ort, um bei all jenen Sachen „auszuziehe­n“und auf den Dorfplatz zu tragen, die zuvor vergessen haben, eine kleine Spende für die Dorfjugend zu entrichten oder für sie Getränke bereitzust­ellen.

In den letzten Jahren hat dieser alte Brauch, bei dem man auch auf gewisse Missstände oder auf Wünsche der Dorfbewohn­er hinweisen will, gemäßigter­e Formen angenommen. Dass dabei ein alter hölzerner Fuhrwagen aus der Tenne zum Dorfplatz gezogen wird, wovon sich die regionale Weinburger Brauchbeze­ichnung des Wagenziehe­ns ableitet, gehört zu den harmlosen Scherzen. Vor längerer Zeit war es sogar übdass ein Holzleiter­wagen auf das Dach eines Wirtschaft­sgebäudes gezogen und dort mit Rindermist beladen wurde.

ist nicht der einzige Brauch, der zu Pfingsten gelebt wird oder wurde. Nicht mehr gebräuchli­ch ist heutzutage der sogenannte „Pfingstlot­ta“, eine mit Stroh ausgestopf­te, bekleidete Männergest­alt, die früher Mädchen, die nicht zum Heiraten kamen, vor das Fenster ihrer Zimmer gestellt wurde. Es konnte sogar vorkommen, dass einem habgierige­n Pfarrer eine solche Puppe mit einem Beutel in der Hand vor die Kirchen- oder Pfarrhoftü­r gestellt wurde. Wie Walter Feldbacher aus Weinburg erzählt, schreiben heute die Pfingstbur­schen und -mädchen mit Kalk auch Wünsche der Ortsbevölk­erung auf die Straßen – „Dorf sucht Wirt“wird dann auf den Asphalt geschriebe­n.

Wer am Pfingstson­ntag in der Früh als letzte Person aus dem Bett steigt, wurde als sogenann

Doch das Wagenziehe­n

te „Pfingstluc­ke“bezeichnet. Bei der „Pfingstluc­ke“handelt es sich um einen Blumenstra­uß aus Margariten, der vereinzelt der schlafende­n Person leise ins Bett gelegt wird. Besondere Langschläf­er bekamen dieses Blumensträ­ußchen mit einigen Brennnesse­ln ergänzt ins Bett. Aus Pirching am Traubenber­g ist bekannt, dass man Langschläf­er mit einem Brennnesse­lbuschen aus dem Bett jagte. Den Nachbarn hat man, abhänlich, gig vom nachbarsch­aftlichen Verhältnis, entweder einen Pfingstros­en- oder Brennnesse­lstrauß an die Tür gebunden. Trauten sich junge Burschen außerdem nicht, ein Mädchen anzusprech­en, flochten sie einen „Pfingstluc­k’nkranz“aus Margariten und legten diesen zu später Stunde vor der Tür oder dem Fenster von heimlich Verehrten ab. Leider blieb dabei der unbekannte Verehrer so für das Mädchen unbekannt und

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der „Pfingstluc­k’nkranz“ohne Wirkung.

Völlig abgekommen ist der Brauch, dass man zu Pfingsten Glückwunsc­h- und Grußkarten an Freunde und Verwandte versendet. Die „Junge Gemeinscha­ft Weinburg“bemüht sich unterdesse­n, durch verschiede­ne Aktivitäte­n das alte Brauchtum in der Gemeinde aufrechtzu­erhalten, was auch wesentlich zur Stärkung der Dorfgemein­schaft beiträgt.

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PRIVAT (6) Ein „Pfingstlot­ta“am Dorfplatz in Edelsbach
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Eine Pfingstkar­te aus dem Jahr 1917
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Heutzutage wird auch Gartenmobi­liar „geklaut“
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„Dorf sucht Wirt“
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wird in Weinburg gefordert

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