Leben in einer verzerrten Welt
In „Angela – A Strange Loop“lässt Susanne Kennedy uns überwältigt und ratlos zurück – und das ist gut so.
Drei Mal „Exit“prangt in roten Buchstaben über einer zweidimensionalen Küchenzeile. Und 2D taugt auch zur Beschreibung der Charaktere in „Angela – A Strange Loop“in der Halle G im Wiener Museumsquartier. Angela (Ixchel Mendoza Hernández) blickt einen genauso unbeteiligt an, wie ihre Mutter, ihren Freund oder ihre sich Drogen schmeißende Bekannte. Nur wenn sie in die Handykamera schaut, funkelt ein Rest von Fake-Lebendigkeit auf. „Hey!“, meldet sie sich bei ihren Followerinnen und Followern zurück. Als Influencerin lässt sie andere an ihrem Alltag teilhaben, auch an ihrer undefinierten chronischen Krankheit mitsamt Anfällen. Die Fans loben ihre Echtheit.
Die Story basiere auf Interviews und Recherchen, heißt es eingangs. Mittendrin folgt die Entwarnung über einen projizierten sprechenden Kater: „Es ist nur ein Theaterstück. Nichts davon ist real.“
Mit dem In-Die-Irre-Führen kennt sich die deutsche Regisseurin, deren Inszenierungen mehrfach bei den Festwochen und beim Berliner Theatertreffen waren, bestens aus. Sie lässt die Zuschauer in ihrer Reflexion über die Pandemie, Einsamkeit und die Entkoppelung von der Realität in die Abgründe der Figuren sowie einer durch Social Media befeuerten artifiziellen Welt schauen – ohne Erklärung, ohne Einordnung.
Künstliche Stimmen, TikTok-Kommentare und abgespacte Klänge eines Wesens mit E-Saiteninstrument forcieren das Unbehagen, Markus Selgs virtuelles Design voller brennender Wälder hält den Entzündungswert des Abends hoch. Es ist, als säße man in einem Horrorfilm mit giftgrünen Türen, in dem die größte Angst beim Aufgehen dieser jene vor einem Miteinander ist.
Julia Schafferhofer Angela (A Strange Loop). Bis 1. 6., 20 Uhr, Halle G. festwochen.at