„Meine Stimme funktioniert“
Wie Doskozil die Mehrheit der Delegierten auf seine Seite zog.
Es war die besonnenere, nachdenklichere Rede, die zuletzt bei den 603 anwesenden Delegierten den Ausschlag gab. Im Vergleich zur aufpeitschenden Klassenkampfrhetorik Andreas Bablers setzte Hans Peter Doskozil, auch wegen seiner angeschlagenen Stimme, auf ruhigere Töne. Inhaltlich aber lagen die Kontrahenten nur geringfügig auseinander.
Doskozil eröffnete mit Selbstkritik: „Wir haben die letzten Jahre und Monate vielleicht zu viel öffentlich diskutiert“, sagte er. „Auch ich war Teil dieser Diskussion, die nicht für alle angenehm war, die einige als überzogen beurteilt haben.“Die Debatte über die Partei sei notwendig gewesen. Dann ging Doskozil zum Angriff auf die Politik der Bundes-SPÖ über.
„Vielleicht haben wir es verlernt, den Interessen der Bevölkerung zu dienen.“Allzu oft seien Ankündigungen keine Taten gefolgt, kritisiert er und erzählt vom Besuch eines burgenländischen Krankenhauses. Als er dort den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern den Mindestlohn versprach, sei ihm tiefe Skepsis entgegengeschlagen. „Sie haben mir nicht geglaubt, dass er umgesetzt wird. Da hab ich gesehen, dass wir an Glaubwürdigkeit verloren haben.“Sie wiederzugewinnen, trete er an.
„Bitte lassen wir uns doch nicht auseinanderdividieren in dieser Frage“, rief Doskozil den Gewerkschaftern zu, die massiv gegen die gesetzliche Einführung des Mindestlohns im Landesdienst opponiert hatten. Es folgten Angriffe auf die Ärztekammer und massive Kritik am Wahlärztesystem, das zu einem Klassensystem in der Medizin führe. Medizinstudenten sollten verpflichtet sein, nach dem Studium einige Jahre in Österreich zu arbeiten.
Mit der Pflege griff Doskozil ein weiteres Thema auf, bei dem das Burgenland eigene Wege geht. „Warum betreibt ein privates Unternehmen ein Pflegeheim?“, fragt Doskozil: „Weil sie Gewinn machen wollen.“Das lehne er ab. „Wir haben gesetzlich verankert: Pflege darf nur gemeinnützig vonstattengehen.“
Zuletzt sprach der Redner das heikle Thema seiner mehrfach operierten Stimmbänder an. Könne er einen Wahlkampf bestreiten, eine Legislaturperiode durchhalten? „Ich kann euch versprechen, dass die Stimme funktioniert: Was ich nicht versprechen kann, ist, dass ich nicht noch ein sechstes oder siebtes Mal operiert werden muss.“
ten damals in einem KühlLkw. Lob erntete er für das Krisenmanagement beim Flüchtlingsansturm auf den Grenzübergang Nickelsdorf, wenige Monate später bestellte SPÖ-Bundeskanzler Werner Faymann den Burgenländer zum Verteidigungsminister. An der Rossauer Lände erwarb er sich schnell den Ruf eines sachkundigen Profis mit hohem politischen Fingerspitzengefühl.
Als Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl den Rückzug aus der Politik antrat, folgte ihm nicht dessen politischer Ziehsohn, Norbert Darabos, sondern Hans Peter Doskozil nach. Bei der Landtagswahl errang der heute 52-Jährige die absolute Mehrheit – mit einem Mix aus Law and Order in der Migrationsfrage sowie linken Positionen in wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Fragen: Rückkehr zum starken Staat, Mindestlohn im Landesdienst, Anstellung pflegender Angehöriger, Verstaatlichung erneuerbarer Energieträger etc.
Seit Rendi-Wagners Amtsantritt trat der burgenländische SPÖ-Chef als Dauerkritiker in Erscheinung, was ihm innerparteilich viel Unmut eingebracht hat. So gesehen hat Doskozil selbst großen Anteil an der innerparteilichen Polarisierung sowie am knappen Ergebnis am gestrigen Parteitag.
Doskozil ist in zweiter Ehe mit der deutschen Eventmanagerin Julia Jurtschak verheiratet, die er 2017 in Köln kennenlernte. Aus erster Ehe hat der Burgenländer zwei erwachsene Kinder, seine Schwester lebt in Wien.