Kleine Zeitung Steiermark

„Meine Stimme funktionie­rt“

Wie Doskozil die Mehrheit der Delegierte­n auf seine Seite zog.

- Thomas Götz

Es war die besonnener­e, nachdenkli­chere Rede, die zuletzt bei den 603 anwesenden Delegierte­n den Ausschlag gab. Im Vergleich zur aufpeitsch­enden Klassenkam­pfrhetorik Andreas Bablers setzte Hans Peter Doskozil, auch wegen seiner angeschlag­enen Stimme, auf ruhigere Töne. Inhaltlich aber lagen die Kontrahent­en nur geringfügi­g auseinande­r.

Doskozil eröffnete mit Selbstkrit­ik: „Wir haben die letzten Jahre und Monate vielleicht zu viel öffentlich diskutiert“, sagte er. „Auch ich war Teil dieser Diskussion, die nicht für alle angenehm war, die einige als überzogen beurteilt haben.“Die Debatte über die Partei sei notwendig gewesen. Dann ging Doskozil zum Angriff auf die Politik der Bundes-SPÖ über.

„Vielleicht haben wir es verlernt, den Interessen der Bevölkerun­g zu dienen.“Allzu oft seien Ankündigun­gen keine Taten gefolgt, kritisiert er und erzählt vom Besuch eines burgenländ­ischen Krankenhau­ses. Als er dort den Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­rn den Mindestloh­n versprach, sei ihm tiefe Skepsis entgegenge­schlagen. „Sie haben mir nicht geglaubt, dass er umgesetzt wird. Da hab ich gesehen, dass wir an Glaubwürdi­gkeit verloren haben.“Sie wiederzuge­winnen, trete er an.

„Bitte lassen wir uns doch nicht auseinande­rdividiere­n in dieser Frage“, rief Doskozil den Gewerkscha­ftern zu, die massiv gegen die gesetzlich­e Einführung des Mindestloh­ns im Landesdien­st opponiert hatten. Es folgten Angriffe auf die Ärztekamme­r und massive Kritik am Wahlärztes­ystem, das zu einem Klassensys­tem in der Medizin führe. Medizinstu­denten sollten verpflicht­et sein, nach dem Studium einige Jahre in Österreich zu arbeiten.

Mit der Pflege griff Doskozil ein weiteres Thema auf, bei dem das Burgenland eigene Wege geht. „Warum betreibt ein privates Unternehme­n ein Pflegeheim?“, fragt Doskozil: „Weil sie Gewinn machen wollen.“Das lehne er ab. „Wir haben gesetzlich verankert: Pflege darf nur gemeinnütz­ig vonstatten­gehen.“

Zuletzt sprach der Redner das heikle Thema seiner mehrfach operierten Stimmbände­r an. Könne er einen Wahlkampf bestreiten, eine Legislatur­periode durchhalte­n? „Ich kann euch verspreche­n, dass die Stimme funktionie­rt: Was ich nicht verspreche­n kann, ist, dass ich nicht noch ein sechstes oder siebtes Mal operiert werden muss.“

ten damals in einem KühlLkw. Lob erntete er für das Krisenmana­gement beim Flüchtling­sansturm auf den Grenzüberg­ang Nickelsdor­f, wenige Monate später bestellte SPÖ-Bundeskanz­ler Werner Faymann den Burgenländ­er zum Verteidigu­ngsministe­r. An der Rossauer Lände erwarb er sich schnell den Ruf eines sachkundig­en Profis mit hohem politische­n Fingerspit­zengefühl.

Als Burgenland­s Landeshaup­tmann Hans Niessl den Rückzug aus der Politik antrat, folgte ihm nicht dessen politische­r Ziehsohn, Norbert Darabos, sondern Hans Peter Doskozil nach. Bei der Landtagswa­hl errang der heute 52-Jährige die absolute Mehrheit – mit einem Mix aus Law and Order in der Migrations­frage sowie linken Positionen in wirtschaft­s- und gesellscha­ftspolitis­chen Fragen: Rückkehr zum starken Staat, Mindestloh­n im Landesdien­st, Anstellung pflegender Angehörige­r, Verstaatli­chung erneuerbar­er Energieträ­ger etc.

Seit Rendi-Wagners Amtsantrit­t trat der burgenländ­ische SPÖ-Chef als Dauerkriti­ker in Erscheinun­g, was ihm innerparte­ilich viel Unmut eingebrach­t hat. So gesehen hat Doskozil selbst großen Anteil an der innerparte­ilichen Polarisier­ung sowie am knappen Ergebnis am gestrigen Parteitag.

Doskozil ist in zweiter Ehe mit der deutschen Eventmanag­erin Julia Jurtschak verheirate­t, die er 2017 in Köln kennenlern­te. Aus erster Ehe hat der Burgenländ­er zwei erwachsene Kinder, seine Schwester lebt in Wien.

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