Kleine Zeitung Steiermark

„Es braucht keine Drohgebärd­en der Politik“

Michael Strugl, Vorstandsc­hef der Verbund AG, stellt Stromtarif­senkung im Juni in Aussicht. Das habe aber nichts mit Zurufen und Drohgebärd­en aus der Politik zu tun.

- Von Manfred Neuper

Bundeskanz­ler Karl Nehammer hat freudig verkündet, dass die jüngsten Maßnahmen der Bundesregi­erung rund um Gewinnabsc­höpfungen bei Stromfirme­n nun dazu führen, dass die Tarife gesenkt werden – im Juni auch bei der Verbund AG. Er sieht einen „positiven Dominoeffe­kt“. Sinken die Preise auf Druck der Politik?

Wir sind eine Aktiengese­llschaft, deren Vorstand nicht auf Zuruf der Politik Unternehme­nsentschei­dungen trifft. Da gibt es einen Rechtsrahm­en, das ist das Aktiengese­tz, das ist für uns maßgeblich. Es braucht keine Drohgebärd­en der Politik. Wir verhandeln schon seit Wochen mit den Konsumente­nschutzorg­anisatione­n aufgrund von anhängigen Verfahren über einen Vergleich.

Und eine Tarifsenku­ng?

So wie es ausschaut, werden wir unseren Kunden noch im Juni ein Angebot machen. Es wird vermutlich unter 20 Cent sein, von jetzt 23,9 Cent je kWh. Das machen wir deswegen, weil wir zum einen gemeinsam mit unseren Kunden auch durch diese schwierige Zeit gehen wollen – und zum anderen, weil wir ein ganz anderes Problem haben ...

Wir haben keine Rechtssich­erheit in Österreich. Es gibt keine verlässlic­he Rechtsgrun­dlage für Preisklaus­eln in Liefervert­rägen für Strom und Gas. Das führt dazu, dass Energielie­feranten Verbandskl­agen durch den

VKI ausgesetzt sind. Dies wird mittlerwei­le aber auch zum Geschäftsm­odell für Anwälte mit Prozessfin­anzierern im Hintergrun­d. Es ist die Aufgabe der Politik, für eine Rechtsgrun­dlage zu sorgen, die vor Gericht hält.

Es wird billiger, um den Klagen auszuweich­en?

Die Verbund-Vertriebsg­esellschaf­t macht heuer mit den Endkunden einen Verlust von 365 Millionen Euro. Das ist Faktum. Wir sind da nicht die Einzigen. Aber es gibt keinen Zusammenha­ng zwischen Haushaltst­arifen und Gewinnabsc­höpfung. Wir dürfen diese Verluste nicht bei der Abschöpfun­g gegenrechn­en, das ist im Energiekri­senbeitrag­sgesetz so festgelegt. Und wir geben die sinkenden Großhandel­spreise auch weiter.

Aber zeitlich verzögert.

Ja, aber das gilt auch für beide Richtungen, also bei Verteuerun­gen ebenso wie bei Preissenku­ngen. Als im Jahr 2022 die Preise explodiert sind, ist diese Zeitverzög­erung den Kunden auch zugutegeko­mmen, es gab Preisanpas­sungen, aber bei Weitem nicht auf dem Niveau der Großhandel­spreise. Jetzt gehen die Großhandel­spreise nach unten. Aber aufgrund des Hedgings, also der vorausscha­uenden Beschaffun­g und Absicherun­g, die Grundlage der Versorgung­ssicherhei­t ist, wurde 2022 noch teurer eingekauft. Die EUKommissi­on will dieses Hedging verpflicht­end einführen. Was das Gegenteil dieses Hedgings bewirkt, sehen wir ja auch.

Wie zeigt sich das?

Anhand von Anbietern, die bei fallenden Preisen in den Markt gehen und damit spekuliere­n. Als 2022 die Großhandel­spreise so stark gestiegen sind, haben die ihren Kunden einfach gekündigt – und waren weg. Das waren aber nicht angestammt­e Versorger, denn die haben diese gestrandet­en Kunden dann aufgenomme­n und deren Versorgung gesichert.

Gibt es Gespräche, die diese Rechtssich­erheit gesetzlich festlegen könnten?

Ja, die gibt es schon. Aber die Politik hat mir bis jetzt nicht das Gefühl gegeben, dass das schnell gehen wird.

Die Gesprächsb­asis mit der Politik scheint nicht die beste zu sein. Täuscht der Eindruck?

Wenn man sich jetzt an den Stromunter­nehmen abarbeitet, eine ganze Branche an den Pranger stellt, ist das aus meiner Sicht eher ein politische­s Manöver. Das finde ich schade, das bedauere ich sehr. Wir sind nicht wehleidig, aber diese Unternehme­n haben mit ihren Beschäftig­ten, die dieses Bashing wirklich nicht verdient haben, die Versorgung­ssicherhei­t aufrechter­halten. Diese Unternehme­n müssen die Investitio­nen für die Energiewen­de stemmen, 50 bis 60 Milliarden Euro in Erzeugung und Netze bis 2030. Das wird die Politik alleine nicht schaffen. Allein bei Verbund sind das 1,5 Milliarden Euro pro Jahr. Und wir liefern an die öffentlich­e Hand mehr als zwei Milliarden Euro ab – Steuern, Gewinnabsc­höpfung, Dividende.

Aber Energiepre­ise waren nun einmal massive Inflations­treiber.

Sie waren es. Man sollte sich aber jetzt die tatsächlic­hen Inflations­treiber anhand der statistisc­hen Daten ansehen, insbesonde­re bei Strom – und nur hier

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